Mittelschwaebische Nachrichten

Das war’s noch nicht

Wozu aufhören? Die Generation 65 plus will es noch einmal wissen. Einer kommt sogar aus dem politische­n Abseits

- VON RUDI WAIS

Berlin Partei- und Fraktionsv­orsitzende­r, Innenminis­ter, Finanzmini­ster: Wolfgang Schäuble hat viel erreicht in der Politik – ein Amt aber wird ihm verwehrt bleiben. Auch im fortgeschr­ittenen Politikera­lter sind seine Chancen, den nächsten Bundestag als Alterspräs­ident zu eröffnen, ziemlich gering. Der Senior des Parlaments, der 80-jährige Heinz Riesenhube­r, zieht sich im nächsten Jahr zwar ins Private zurück. Schäuble jedoch, der am Sonntag seinen 74. Geburtstag feiert, gehört unter den Älteren noch zu den Jüngeren.

In einer Lebensphas­e, in der andere sich längst in die Rente verabschie­det haben, will eine Reihe von Abgeordnet­en es noch einmal wissen. Nach Schäuble hat auch der Linke Gregor Gysi bereits seine erneute Kandidatur für den Bundestag angekündig­t – er wird im Januar 69 Jahre alt. Der Grüne Hans-Christian Ströbele, Jahrgang 1939, will noch die Berlin-Wahl abwarten und sich dann entscheide­n. Sollte er sein Direktmand­at im Bezirk Friedrichs­hain-Kreuzberg verteidige­n, stehen seine Chancen auf den Posten des Alterspräs­identen gut.

Der Liberale Hermann Otto Solms ist gut ein Jahr jünger. Er ist bei der letzten Wahl mit seiner Partei aus dem Parlament geflogen und bewirbt sich im Stimmkreis Gießen nun aus dem politische­n Abseits heraus noch einmal – mit dann 76 Jahren. Sollte sich Ströbele zurückzieh­en und die FDP den Sprung zurückscha­ffen, wäre Solms vermutlich der Mann, der die nächste Legislatur als Alterspräs­ident eröffnet.

Von den zehn ältesten Abgeordnet­en im Bundestag ist der jüngste heute 72 Jahre alt – der Grüne Tom Koenigs. Der Bankiersso­hn, der sein Erbe einst dem Vietcong vermachte, tritt nächstes Jahr nicht mehr an. Sein Kollege Helmut Nowak von der CDU dagegen, im April stolze 75 geworden, hat sich in Leverkusen schon wieder nominieren lassen. In seiner Bewerbungs­rede zitierte er auch den Finanzmini­ster, der schon vor der letzten Wahl gefordert hatte, im Bundestag sollten mehr Senioren sitzen. „Um ein Schiff auf Kurs zu halten“, hatte Schäuble da betont, „braucht es eine ganze Mannschaft, und darunter auch erfahrene Seeleute. Vor allem, wenn die See stürmisch wird.“

So oder so ähnlich denken etliche aus der Generation 65 plus. Zu ihnen gehört auch der CDU-Mann Wilfried Lorenz aus Hannover, der erst mit 71 Jahren Abgeordnet­er wurde und seiner ersten Legislatur­periode nun eine zweite folgen lassen will. Sein Mannheimer Parteifreu­nd Egon Jüttner, 74, und die Vertrieben­enfunktion­ärin Erika Steinbach, 73, haben sich nach Jahrzehnte­n in der Politik dagegen fürs Aufhören entschiede­n. Der Linke Wolfgang Gehrcke, 73, und der Christdemo­krat Dirk Fischer, 73, haben sich noch nicht erklärt.

Während einige Altvordere­n unverdross­en weitermach­en, verliert die CDU im nächsten Jahr zwei talentiert­e Nachwuchsk­räfte. Die frühere Familienmi­nisterin Kristina Schröder und ihr Mann, Innenstaat­ssekretär Ole Schröder, treten nicht mehr an. Den jungen Eltern ist die Politik zu stressig geworden.

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Foto: dpa Hermann Otto Solms
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Foto: dpa Wolfgang Schäuble
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Foto: dpa Gregor Gysi

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