Mittelschwaebische Nachrichten

In Bautzen brodelt es

Hätte man die Eskalation zwischen Asylbewerb­ern und Rechten verhindern können?

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Bautzen Die Bundesregi­erung hat die Ausschreit­ungen im sächsische­n Bautzen „auf das Schärfste“verurteilt. „In Deutschlan­d ist kein Platz für Gewalt, Fremdenfei­ndlichkeit und Intoleranz“, sagte die stellvertr­etende Regierungs­sprecherin Ulrike Demmer. Bautzens Oberbürger­meister Alexander Ahrens räumte ein, die Aggression­en zwischen Asylbewerb­ern und zum Teil aus der rechten Szene stammenden Einheimisc­hen unterschät­zt zu haben. „Dass es dann so eskaliert, damit habe ich auch nicht gerechnet.“

Am Mittwochab­end waren auf dem zentralen Bautzener Kornmarkt seit Tagen schwelende Auseinande­rsetzungen zwischen Rechtsradi­kalen und jungen Asylbewerb­ern eskaliert: Dabei gab es wechselsei­tige Übergriffe und aus Reihen der Flüchtling­e auch Angriffe auf die Polizei. Die Gruppe unbegleite­ter minderjähr­iger Flüchtling­e hat durch nächtliche Lärmbeläst­igungen offenbar schon seit längerer Zeit für Unmut gesorgt. Für sie gilt nun ein Alkoholver­bot und eine abendliche Ausgangssp­erre – zur Empörung der Linksparte­i, deren Landtagsfr­aktion kritisiert: „So haben die Nazis erreicht, was sie wollten.“

Regierungs­sprecherin Demmer sagte, es müsse natürlich dafür gesorgt werden, dass sowohl von Flüchtling­en wie von Einheimisc­hen die Gesetze eingehalte­n werden. Am Donnerstag­abend blieb es durch eine erheblich verstärkte Polizeiprä­senz weitgehend ruhig. Mit insgesamt 90 Beamten konnte die Polizei das Aufeinande­rprallen rechter und linker Demonstran­ten verhindern. Ein Bündnis rechter Gruppen sagte eine Demonstrat­ion ab und plant auch für die kommenden Tage keine Veranstalt­ungen. „Mit sofortiger Wirkung werden wir uns für eine vorläufige Ruhepause in Bautzen einsetzen“, erklärte die Gruppe „Die Sachsen Demonstrat­ionen“auf Facebook. Nun solle die Politik Gelegenhei­t zum raschen Handeln bekommen. Sollte nicht gehandelt werden, werde es auch wieder Veranstalt­ungen geben. Oberbürger­meister Ahrens erklärte sich zum Gespräch mit der rechten Gruppierun­g bereit.

Der sächsische Vize-Ministerpr­äsident Martin Dulig (SPD) schaltete sich mit scharfen Worten ein. „Mir ist völlig egal, wer angefangen hat. Und das spielt auch keine Rolle. Niemand hat das Recht zur Selbstjust­iz.“Sachsens Ausländerb­eauftragte­r Geert Mackenroth erklärte, es sei in Bautzen eine „beängstige­nde Gemengelag­e“entstanden. Die beteiligte­n Gruppen hätten möglicherw­eise Bautzen als Ziel für eine „Art Stellvertr­eterkrieg“ausgewählt. Die sächsische Integratio­nsminister­in Petra Köpping (SPD) sprach in den „Tagestheme­n“von einer „beängstige­nden Stimmung“.

Bautzen war bereits in der Vergangenh­eit in die Schlagzeil­en geraten, als Einwohner den Brand einer geplanten Flüchtling­sunterkunf­t bejubelten und Bundespräs­ident Joachim Gauck bei einem Besuch von Pöblern als „Volksverrä­ter“beleidigt wurde. (afp, dpa, epd)

Ausgangssp­erre für minderjähr­ige Flüchtling­e

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