Mittelschwaebische Nachrichten
Neuer Schock für Deutschlands größte Bank
14 Milliarden Dollar Strafe fordert die US-Justiz von der Deutschen Bank. Das Geldhaus will sich nun dagegen wehren
Frankfurt/Washington Die Summe macht sogar die Deutsche Bank nervös: 14 Milliarden Dollar – aktuell 12,5 Milliarden Euro – fordert das US-Justizministerium im Streit um krumme Geschäfte in den Jahren vor der jüngsten Finanzkrise. Dass es teuer werden würde, war klar – aber so teuer? Eilig beruhigt der deutsche Branchenprimus die Öffentlichkeit: Die Verhandlungen stünden erst am Anfang und man sei zuversichtlich, den Betrag noch deutlich drücken zu können.
Eigentlich wollten Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank sich in diesen Tagen in Mailand Gedanken über die Zukunft des größten deutschen Geldhauses machen. Doch einmal mehr holt die unrühmliche Vergangenheit den seit gut einem Jahr amtierenden Konzernchef John Cryan und seine runderneuerte Führungsmannschaft ein. „Die Bank ist nach wie vor nicht in der Lage, sich ausschließlich auf ihr operatives Geschäft zu konzentrieren, sie ist immer noch gelähmt von der Geißel der Vergangenheit“, schimpft Klaus Nieding, Vize-Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Herr Cryan ist voll und ganz mit Sanierung, Kosteneinsparungen und Umstrukturierung beschäftigt – wir vermissen eine Vision, wie es mit der Deutschen Bank weitergehen soll.“Im zweiten Quartal des laufenden Jahres hielt sich die Deutsche Bank mit Ach und Krach gerade noch in den schwarzen Zahlen, für das Gesamtjahr hat der Vorstand nach dem Rekordverlust von 6,8 Milliarden Euro 2015 erneut rote Zahlen nicht ausgeschlossen. Der Aktienkurs kommt seit Monaten nicht aus dem Keller.
Mit 7800 Rechtsstreitigkeiten schlägt sich die Bank herum, wenn auch meist mit geringem Streitwert. In dem aktuellen Fall in den USA geht es nach Angaben der Bank um die Beilegung zivilrechtlicher Ansprüche im Zusammenhang mit der Ausgabe hypothekengedeckter Wertpapiere zwischen 2005 und 2007. Der Deutschen Bank wird vorgeworfen, mit windigen Geschäften zum Kollaps des US-Häusermarktes 2008 beigetragen zu haben. Solche Papiere gelten als einer der Auslöser der weltweiten Finanzkrise. Im Kern dreht es sich um Wertpapiere, die mit Immobilienkrediten besichert waren und oft zu Päckchen gebündelt an Investoren
7800 Rechtsstreitigkeiten belasten das Institut
verkauft wurden. Bei der Deutschen Bank belief sich das Volumen solcher „Residential Mortgage-Backed Securities“(RMBS) auf etwa 80 Milliarden Dollar, bei den großen US-Instituten war es meist deutlich mehr. Bei der Bank of America etwa, die im August 2014 mit 16,65 Milliarden Dollar die bislang höchste Strafe in diesem Komplex aufgebrummt bekam, war der RMBS-Bestand nach Angaben von Branchenkennern fast zehn Mal so groß.
Die Deutsche Bank betont, sie beabsichtige „auf keinen Fall, diese möglichen zivilrechtlichen Ansprüche in einer Höhe zu vergleichen, die auch nur annähernd der genannten Zahl entspricht“. Als angemessen wird im Wall Street Journal eine Strafe von maximal drei Milliarden Dollar kolportiert. Das wäre annähernd die Größenordnung, in der es den US-Konkurrenten Goldman Sachs traf. Der Finanzwissenschaftler Sascha Steffen warnt die Deutsche Bank aber vor allzu viel Optimismus: „Die 14 Milliarden liegen in der Größenordnung dessen, was auch einige andere Großbanken gezahlt haben“, meint der Leiter des Forschungsbereichs „Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement“am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Für eine harte Haltung der US-Behörden spricht seiner Einschätzung nach, dass es eine „Anti-BankenStimmung“in der Bevölkerung gebe – und dass die US-Wahlen vor der Tür stehen. Jörn Bender, dpa