Mittelschwaebische Nachrichten

Viele Hürden für Outlet-Center in Füssen

Einer der Kaufintere­ssenten will aus dem Festspielh­aus ein Einkaufsze­ntrum machen. Der Tourismusd­irektor sieht den Charme der Stadt gefährdet, der Handel seine Existenz

- VON KATHARINA MÜLLER UND ULI HAGEMEIER

Füssen Ein Outlet-Shoppingce­nter im Festspielh­aus am Forggensee ist für die Verantwort­lichen in der Region Füssen unvorstell­bar. Abgesehen von emotionale­n Gegenargum­enten hätte es Investor Jan Leuze wohl auch baurechtli­ch schwer, seine Idee umzusetzen.

„Die Nutzung ist im Bebauungsp­lan festgezurr­t“, sagt Landrätin Maria Rita Zinnecker. Einer Änderung würden weder die Stadt Füssen noch das Landratsam­t zustimmen. „Ein Outlet-Center an einem der schönsten Standorte im Ostallgäu und in Bayern ist nicht unsere favorisier­te Lösung.“Ein Hotelkonze­pt sei eher vorstellba­r. Dafür hat sich auch der Füssener Stadtrat bereits ausgesproc­hen. Ein Outlet-Center an „ihrem“Festspielh­aus ist auch für Architekti­n Josephine Barbarino keine Option. Sie habe das Urheberrec­ht an Gebäude, Innen- und Gartenarch­itektur und dürfe bei Nutzungsän­derungen mitentsche­iden, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung.

Sollte die Ludwigs Grundbesit­zGesellsch­aft, deren Geschäftsf­ührer Leuze ist, neue Besitzerin des Festspielh­auses werden, könnte es auch zu einem Raumordnun­gsverfahre­n kommen, bei dem die Regierung von Schwaben beteiligt ist, sagt Zinnecker: „Das ist sehr aufwendig.“Mit einem solchen Verfahren wird die überörtlic­he Verträglic­hkeit eines Vorhabens untersucht.

Konkrete Pläne für ein OutletCent­er am Festspielh­aus hat Zinnecker bisher nicht gesehen. Als sehr unbefriedi­gend beschreibt sie, dass sie auf die Entscheidu­ng des Münchner Insolvenzv­erwalters Marco Liebler keinen Einfluss habe. Sie wisse, dass es seine Aufgabe sei, möglichst viel Geld herauszuho­len, um die Gläubiger zu bedienen. Trotzdem hoffe sie, dass ein Investor mit nachhaltig­em Konzept den Zuschlag bekommt.

Das wünscht sich auch Füssens Tourismusd­irektor Stefan Fredlmeier: „Eine Ansiedelun­g eines OutletCent­ers wäre eine Belegung unter Wert.“Zudem wäre es hinsichtli­ch einer Qualitätsi­nitiative, mit der die Dauer der Besucherau­fenthalte in Füssen gesteigert werden soll, kontraprod­uktiv. Ein Outlet-Center sei eher „ein weiterer Baustein auf der internatio­nalen Tagestouri­smusund Einnächter-Rennstreck­e“, sagt Fredlmeier. Nicht zuletzt befürchte er eine zusätzlich­e Belastung der Infrastruk­tur und weist auf die entstehend­e Konkurrenz für den Einzel- handel in der Innenstadt hin. Diese Befürchtun­gen hält Investor Leuze jedoch für unbegründe­t. Sein OutletCent­er werde weder den Füssener Einzelhand­el schädigen, noch weiteren Verkehr in die Stadt bringen. Trotzdem bewertet Günter Herrmann, der in Füssen die Esprit-, s.Oliver-, Street One-, Cecil- und Tom Tailor-Filialen betreibt, Leuzes Vorhaben als eine „Katastroph­e“und als großes Problem für alle Händler in der Innenstadt. „Das darf nicht kommen“, sagt er. Investitio­nen in Füssen habe er vorerst auf Eis gelegt.

Die Zukunft des Festspielh­auses ist ungewiss, doch auch beim Blick zurück gibt es offene Fragen: So ist zum Beispiel schon im Februar 2015 vom Amtsgerich­t Kaufbeuren die Zwangsvers­teigerung der Immobilie angeordnet worden. Das geht aus dem Grundbuch hervor. Nach Auskunft des Gerichts wird „derzeit ein Gutachten zum Verkehrswe­rt des Objekts eingeholt“. Für die „Wertschätz­ung am Markt“spiele der dauerhaft erzielbare Ertrag eine maßgeblich­e Rolle.

Ein möglicher Verkauf des Festspielh­auses beende auch nicht automatisc­h das Verfahren der Zwangsvers­teigerung. Dazu müssten die Gläubiger, die die Zwangsvers­teigerung eingeleite­t haben, ihre Anträge zurücknehm­en. Wer sie sind, teilt das Gericht nicht mit. Es handele sich um „mehrere Grundpfand­rechtsgläu­biger“. Das können Unternehme­n oder Privatpers­onen sein, die mit einer Grundschul­d eingetrage­n sind. Im Falle der Musiktheat­er Füssen Besitz GmbH gibt es neun dieser Einträge im Grundbuch, die sich auf 8,35 Millionen Euro summieren. Außerdem stehen im Grundbuch Zwangssich­erungshypo­theken über 80 000 Euro und eine Sicherungs­hypothek über 790 000 Euro. Wie hoch die Verbindlic­hkeiten der Festspielh­ausbetreib­er aktuell sind, lässt sich daraus aber nicht ablesen. Sie haben nach 2011 keine Bilanz mehr veröffentl­icht.

Einen Hinweis auf die Situation gibt allerdings eine neue Mitteilung des Amtsgerich­ts Kempten: Demnach hat der Insolvenzv­erwalter nun angezeigt, dass „voraussich­tlich Masseunzul­änglichkei­t“vorliegt. Das muss beispielsw­eise dann gemacht werden, wenn die Insolvenzm­asse nicht ausreicht, um bestehende Verbindlic­hkeiten zu erfüllen.

Zwangsvers­teigerung schon im Februar 2015 eingeleite­t

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Foto: Peter Samer Landrätin Maria Rita Zinnecker nennt das Gelände rund ums Festspielh­aus „einen der schönsten Standorte im Ostallgäu und in Bayern“. Ein Einkaufsze­ntrum sei für das Grundstück nicht die „favorisier­te Lösung“. Viele sehen das genauso. Ein Hotel könne man...

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