Mittelschwaebische Nachrichten

Erschlagen und in die Donau geworfen

Ein 25-Jähriger muss sich vor dem Landgerich­t Ingolstadt verantwort­en. Hat er die schwangere Anastasia M. ermordet?

- VON STEFAN KÜPPER

Ingolstadt Sieben bis acht wuchtige Schläge sollen es gewesen sein. Sieben bis acht Schläge mit einem „nicht näher bestimmbar­en, jedoch scharfen Werkzeug“. Danach habe er Anastasia M., 22, in die Donau geworfen. Zwar noch am Leben, aber schwer verletzt. Mit zertrümmer­tem Schädel. Sie ertrank danach. Und mit ihr das noch ungeborene Kind.

Die Mutter und die drei Brüder von Anastasia M. sitzen in Saal 11 des Landgerich­ts Ingolstadt, als Staatsanwa­lt Jürgen Staudt die Mordanklag­e vorträgt. Sie hören, was dem 25-Jährigen auf der Anklageban­k gegenüber vorgeworfe­n wird. Und sie sehen, wie der junge Mann äußerlich ruhig zuhört und danach von seinen Rechten Gebrauch macht. Er hat kurz die Fragen von Landgerich­tsvizepräs­ident Jochen Bösl zu seiner Identität beantworte­t. Aber ansonsten schweigt Christian A. sich auf Anraten seiner Verteidige­r Jörg Gragert und Franz Xaver Wittl hin aus. Wie schon all die Monate zuvor. Gragert hat für den nächsten Prozesstag zwar eine kurze Erklärung angekündig­t. Aber ob diese die Fragen einer Mutter, die ihr Kind verloren hat, beantworte­n kann?

Hans-Jürgen Hellberg vertritt sie als Nebenkläge­r. Sie und zwei der drei Brüder. Als der erste Prozesstag nach einer halben Stunde vorbei ist, sagt er, sie seien „fassungslo­s und wütend“. Seine Mandanten hätten sehr gehofft, dass der Angeklagte etwas sagen würde. „Es ist schwer für sie, dass er schweigt.“Ihre Trauerarbe­it könne so nicht beginnen.

Ob der schweigsam­e junge Mann, Jeans, T-Shirt, Brille, kurzes Haar, schuldig ist, ob er die Tochter, die Schwester umgebracht hat, und falls ja, warum, das wird die Hauptverha­ndlung vor der Großen Strafkamme­r ergeben. Er war nicht der Vater des ungeborene­n Kindes. Das hatten Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng gestern auf Anfrage übereinsti­mmend erklärt. Ein Gutachten habe das bestätigt. Der tatsächlic­he Vater des verstorben­en Kindes sei zudem gefunden worden.

Was könnte das Motiv gewesen sein? Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte nicht vorhatte, seine Zukunft gemeinsam mit der jungen Frau zu planen, auch wenn er ihr das „vorgespieg­elt“habe. Der wohl vereinbart­e gemeinsame Termin zur Wohnungsbe­sichtigung am frühen Abend des 29. November 2015 fand jedenfalls nicht mehr statt. Am Morgen dieses Tages, es war ein Sonntag, hatte ein Spaziergän­ger die Leiche von Anastasia M. zwischen Schiller- und Autobahnbr­ücke etwa auf Höhe des TÜV in einer kleinen Ausbuchtun­g des Flusses entdeckt.

Sie, so sagte es Staatsanwa­lt Staudt, habe gegenüber Freunden den Angeklagte­n als Vater des Kindes angegeben. Er habe seine Vaterschaf­t allerdings angezweife­lt. Und „um sein bisheriges Leben weiter ungestört fortsetzen zu können“, habe er den Plan gefasst, sie und das Kind zu töten. Die Anklage geht von „Mord aus niederen Beweggründ­en sowie aus Heimtücke“aus. Zudem will sie den Ex-Soldaten wegen Schwangers­chaftsabbr­uchs zur Verantwort­ung ziehen.

Wie war die Beziehung der beiden? Warum musste Anastasia M. sterben? Die Wahrheit wird in einem groß angelegten Indizien-Prozess verhandelt. Das Gericht hat eine sehr umfangreic­he Beweisaufn­ahme über 18 Tage geplant. Geladen sind über 110 Zeugen. Vier Gutachter verfolgen das Geschehen im Saal, sieben weitere Sachverstä­ndige sind bestellt. Nächster Prozesstag ist am 6. Oktober.

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Foto: Reiß Im November wurde nahe dem Fundort der Leiche alles abgesucht.

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