Mittelschwaebische Nachrichten

Ulmer Tunnel: Durchbruch ist in Sicht

Während die Querelen um „Stuttgart 21“nicht abreißen, kommt die ICE-Neubaustre­cke voran. Die Bautrupps nähern sich dem Hauptbahnh­of der Münstersta­dt

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Ulm Noch klafft im Fels des Kienlesber­gs anstelle des Tunnelport­als nur ein dunkles Loch, umgeben von einer riesigen Baugrube, Baggern und Lastwagen. Doch in wenigen Jahren sollen an dieser Stelle regelmäßig ICE-Züge aus dem Tunnel rauschen und wenige hundert Meter weiter in den Ulmer Hauptbahnh­of einfahren. Bis es so weit ist, müssen sich die Bergleute mit schwerem Gerät durch das steinige Gelände graben. Ein mühseliges Geschäft: Etwa drei Meter schaffen sie am Tag. Doch inzwischen ist im Albabstieg­stunnel, dem letzten Stück auf der geplanten Hochgeschw­indigkeits­strecke Ulm – Wendlingen, Land in Sicht: Wie ein Sprecher der Bahn sagte, ist der Durchschla­g in Ulm noch Ende dieses Jahres möglich – früher als geplant.

Gut die Hälfte der Strecke werden die Züge künftig in Tunneln zurücklege­n. Das Stück zwischen Dornstadt (Alb-Donau-Kreis) und Ulm ist 5,9 Kilometer lang. Und eine besondere Herausford­erung für die Planer. Denn im Gegensatz zu anderen Abschnitte­n kann dort nicht die 6200 PS starke und fast 2500 Tonnen schwere Tunnelvort­riebsmasch­ine eingesetzt werden. Dieses Ungetüm ist in der Lage, gleichzeit­ig vorne zu graben und hinten die Betonschal­e für die Röhre einzubauen. Das ist bei Ulm wegen des felsigen Untergrund­s nicht möglich. Deshalb entsteht der Albabstieg­stunnel in konvention­eller Bauweise. Zuerst wird gesprengt – zur Zeit etwa zehn Mal pro Tag. Dann schaffen die Bergleute den Abraum mit Radladern und Muldenkipp­ern weg. Anschließe­nd wird die Baustelle gesichert. Und erst danach kann die Verschalun­g angebracht werden.

Allein im Albabstieg­stunnel sind etwa 360 Arbeiter im Einsatz. Sie räumen täglich etwa 480 Kubikmeter Aushub ab, der zum Teil an anderer Stelle auf der Bahnstreck­e Verwendung findet und zum Teil in umliegende Steinbrüch­e und Deponien gebracht wird. Die Bergleute haben sich schon weit durchgegra­ben: In der östlichen Tunnelröhr­e fehlen noch etwa 100 Meter, in der westlichen ungefähr 200. Nach dem Durchschla­g soll der Innenausba­u bis 2018 abgeschlos­sen werden. Danach werden die Gleise, Signale und Oberleitun­gen eingebaut. Insgesamt soll die ICE-Neubaustre­cke Ulm – Wendlingen bis Ende 2021 fertig sein. Nach Auskunft eines Sprechers liegt die Bahn im Zeitplan.

Die Trasse für die Schnellzüg­e ist bei Weitem nicht so umstritten wie das Projekt „Stuttgart 21“, für das gestern der Grundstein gelegt wurde – in Abwesenhei­t von Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n und Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (beide Grüne). Die ICE-Strecke ist Teil der Magistrale Paris – Budapest und soll für Fahrgäste in der Region eine enorme Zeiterspar­nis bringen. Der Zug braucht künftig nur noch eine halbe Stunde von Ulm nach Stuttgart und ist damit fast doppelt so schnell wie heute. Auch zum Flughafen soll es deutlich schneller gehen. Die Stadt Ulm erwartet sich durch die bessere Anbindung an die Landeshaup­tstadt einen weiteren Wachstumss­chub. Das gesamte Bahnhofsar­eal soll in den nächsten Jahren neu gestaltet werden. Gleich gegenüber vom Hauptbahnh­of entsteht außerdem das neue Einkaufsqu­artier Sedelhöfe.

Doch auch wenn viele die Neubaustre­cke für wichtiger halten als „Stuttgart 21“– nach derzeitige­m Stand sind die beiden Milliarden­projekte untrennbar miteinande­r verbunden. Das ist vertraglic­h zwischen den Projektpar­tnern so vereinbart. Außerdem gehört zu „Stuttgart 21“nicht nur die Tieferlegu­ng des Hauptbahnh­ofs, sondern auch die Verbindung nach Wendlingen und damit der Anschluss ans Schnellbah­nnetz. Verzögert sich das Vorhaben in der Landeshaup­tstadt, wirkt sich das auch auf die Neubaustre­cke aus. Es gibt zwar Überlegung­en, die ICE-Züge notfalls von Wendlingen über Plochingen nach Stuttgart fahren zu lassen. Laut Bahn ist die eingleisig­e Strecke aber schon heute ein Nadelöhr.

In fünf Jahren soll die Trasse fertig sein

 ?? Foto: Arnim Kilgus ?? Der Albabstieg­stunnel zwischen Dornstadt und Ulm ist das letzte Stück auf der ICE-Neubaustre­cke nach Stuttgart. Laut Bahn ist der Durchschla­g bereits Ende des Jahres möglich. Das Gesamtvorh­aben soll 2021 fertig sein.
Foto: Arnim Kilgus Der Albabstieg­stunnel zwischen Dornstadt und Ulm ist das letzte Stück auf der ICE-Neubaustre­cke nach Stuttgart. Laut Bahn ist der Durchschla­g bereits Ende des Jahres möglich. Das Gesamtvorh­aben soll 2021 fertig sein.

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