Mittelschwaebische Nachrichten

Doppelter Sattelbruc­h

Warum Radler in Rio ihren Sitz verlieren

- VON RENÉ LAUER

Augsburg Wenn am Fahrrad etwas kaputtgeht, ist das nicht ungewöhnli­ch. Hin und wieder ist der Reifen platt oder die Schaltung hakt. Dass einem der Sattel wegbricht, kommt aber selten vor. Zumindest, wenn es sich bei dem Rad nicht um ein rostiges Modell aus den 50er Jahren handelt. Oder doch nicht?

Bei den Spielen von Rio hat sich diese Kuriosität innerhalb weniger Wochen gleich zweimal ereignet – bei Olympia und den Paralympic­s. Und das unter profession­ellen Bedingunge­n, bei den größten Sportevent­s der Welt. Betroffen waren die Bahnradfah­rerin Kristina Vogel, die beim Endspurt ihren Sattel verlor, und Hans-Peter Durst, dessen Sitz sich bereits kurz nach dem Start gelöst hatte.

Der Radsachver­ständige Dirk Zedler aus Ludwigshaf­en hat eine Erklärung dafür. Bei Vogels Bahnrad handle es sich um ein extrem leichtes Carbon-Modell. Entstehen durch zu viel Druck, etwa durch zu fest angezogene Schrauben an der Sattelstüt­ze, kleine Risse im Carbon, wird das Material instabil.

Am Modell von Hans-Peter Durst ist der Sattel angebracht wie bei einem gewöhnlich­en Rad. Rahmenbaue­r Sven Krautschei­d hat es entworfen und zusammenge­baut: „Der Sattel wird mit zwei Schrauben befestigt. Eine davon ist gebrochen“, erklärt er. Bedingt durch einen Materialfe­hler, wie Krautschei­d vermutet.

Ein Problem, das häufig auftritt, sagt Dirk Zedler – bei Profiradle­rn wie auch der älteren Dame, die einmal die Woche zum Markt fährt. „Die Schrauben am Sattel müssen richtig fest gezogen werden, am besten mit einem Drehmoment­schlüssel“, empfiehlt der Experte. Viele Radler würden das vernachläs­sigen. Eine Schraube, die aber anfange, leicht zu wippen, breche schnell ab. „Im Falle von Hans-Peter Durst kann es auch der Montage geschuldet sein. Also wenn ein Rad oft auseinande­rund wieder zusammenge­baut wird“, erklärt Zedler. Er ist froh, dass den Sportlern nichts passiert ist: „Sie haben gut reagiert, weil sie Profis sind. Normale Radfahrer wären schwer gestürzt.“

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Foto: dpa Hans-Peter Durst verlor bei den Paralympic­s seinen Sattel.

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