Mittelschwaebische Nachrichten
Die Fehler der anderen
Es ist ein schon ziemlich abgewetzter Begriff: Solidarität. Geschichtlich betrachtet und ideologisch überhöht, hat er seine Magie verloren, und doch ist es das, was eine Gesellschaft im Innersten zusammenhält. Nur gemeinsam sind wir stark. Das zeigt sich an vielen Beispielen der jüngeren Vergangenheit. Die Mühlkapelle, eines der schönsten Baudenkmäler Krumbachs, gestern Abend wieder geweiht, wäre ohne die Spendenbereitschaft vieler Bürger nicht zu retten gewesen. Die Umsetzung der Hochwasserschutzmaßnahmen im Mindeltal ist nur möglich, wenn Kommunen, Grundstückseigentümer, Landkreis und viele weitere Akteure an einem Strang ziehen. Das ist nicht immer leicht. Solidarisch zu sein, bedeutet auch nicht, sich für alle anderen zu opfern. Wenn ein gemeinsames Ziel am Horizont steht, das es zu erreichen gilt, müssen alle Parteien kompromissfähig sein.
Solidarität bedeutet daher auch, Verantwortung zu übernehmen, anstatt die Entscheidungen anderer pauschal abzuwerten. Es ist leicht, sich hinzustellen und alles und jeden zu kritisieren, ohne selbst verantwortlich zu sein. Die sozialen Medien erlauben es, zu jeder Angelegenheit Stellung zu nehmen. Über das omnipräsente aber nur selten gesicherte Wissen im Internet kann sich jeder mit Fakten ausstatten, die die jeweils eigene Meinung als einzig gültige Wahrheit stützen. Egal ob es um die Beeinträchtigungen durch Straßenbaumaßnahmen in der Krumbacher Karl-MantelStraße geht, den richtigen Zeitpunkt für eine Kanalsanierung oder kommunale Abgaben: Die Fehler der anderen sind schnell gefunden. Meist steht dabei weniger der Dienst an der Gemeinschaft im Vordergrund, als vielmehr der eigene Vorteil. Wirklich solidarisch sind die Menschen, die Verantwortung übernehmen, die konstruktiv Kritik üben und sich in mühevollen Verhandlungen zu Kompromissen durchringen.