Mittelschwaebische Nachrichten
Europas Zukunft in Tomatensoße
„Wir müssen eine Art ‚Vereinigte Staaten von Europa‘ schaffen. Nur auf diese Weise können hunderte von Millionen hart arbeitender Menschen wieder jene einfachen Freuden und Hoffnungen genießen, die das Leben lebenswert machen.“Es war eine große Rede zu Europas Zukunft. Nicht vom smarten Juncker in Brüssel diese Woche – sondern vom feisten Churchill, am kommenden Montag vor 70 Jahren. Und was machte der ranghohe Brite Mark Carney vor versammelter Presse am Dienstag: Tunkte das Porträt eines grimmigen Winston lächelnd in einen Bottich mit heißer Tomatensoße! Sieht so unappetitlich also der vollzogene Brexit aus?
Nun mag es Menschen geben, die sagen, Churchill hätte eine solche Behandlung ganz abseits der Europafrage persönlich verdient. Legendär etwa die Anekdote, als er öffentlich von einer Dame wegen seines Benehmens gerügt worden ist, er sei doch wohl unerhört betrunken! Und Sir Winston antwortete: „Ich bin vielleicht betrunken, Madame, aber Sie sind hässlich. Und ich bin am Morgen wieder nüchtern.“In diesem Fall aber war das Tomatensoßentunken ja sogar eine Würdigung. Denn Mark Carney ist Chef der britischen Notenbank und stellte als solcher einen nagelneuen Geldschein vor. Die Fünf-Pfund-Note nämlich ist, mit dem Porträt Churchills, als erste nicht mehr aus Baumwollfaser-Papier, sondern aus dem Kunststoff Polymer, aus Plastik also, und damit immer sauber, waschmaschinenfest, kaum noch zu zerreißen. Insofern sollte der Winston in Tomatensoße gerade von seiner Zukunftssicherheit zeugen. Und Carney sagte: Wie Churchill werde auch die Polymer-Banknote den Test der Zeit bestehen. Aber ist das nicht alles Irrsinn? Brexit, Tomatensoße, Plastikscheine! Vielleicht antwortet man besser mit Churchills legendär gewordenen, angeblich letzten Worten: „Alles langweilt mich.“(ws)