Mittelschwaebische Nachrichten

So wird man EU-Beamtin

Rund 40 000 Menschen arbeiten europaweit für Institutio­nen der Europäisch­en Union. Deutsche Studenten scheuen allerdings den steinigen Weg zu diesen Posten. Zu Recht?

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Brüssel Ein Dasein als EU-Beamter klingt für viele Hochschula­bsolventen im ersten Moment vielleicht spröde. Dabei beinhaltet die Arbeit mehr, als nur Gesetzeste­xte oder Statistike­n zu erstellen, erklärt Karina Rempesz. Die 38-Jährige arbeitet bei der Europäisch­en Kommission in Brüssel im Personalbe­reich der Generaldir­ektion für Wirtschaft und Finanzen und plant dort unter anderem das Personalbu­dget. „Hier bearbeitet man Projekte, die 500000 Menschen etwas angehen“, sagt Rempesz. Der Weg bis zum EU-Job ist allerdings nicht ganz einfach.

Rund 40000 Menschen arbeiten europaweit für die EU, rund zwei Drittel von ihnen in der EU-Hauptstadt Brüssel. Für deutsche Absolvente­n scheint eine Stelle dort weniger attraktiv. „Im Vergleich zur Größe der Bevölkerun­g fehlen deutsche Bewerber“, sagt Ulrike Mangold vom Europäisch­en Amt für Personalau­swahl (Epso).

Was die Gründe dafür sind, kann Mangold nur vermuten. In einigen Mitgliedst­aaten bekämen Hochschula­bsolventen zum Beispiel gleich nach der Uni häufig gute Angebote aus der Wirtschaft. Und die jungen Menschen überlegten sich auch gut, ob sie für eine Arbeit in ein anderes Land ziehen wollen.

Viele EU-Angestellt­e finden den Einstieg über ein Praktikum. Die EU stellt zweimal im Jahr rund 600 Praktikant­en ein. Bewerben können sich die Absolvente­n über die Websites der EU-Institutio­nen. Voraussetz­ung ist, dass sie aus einem der 28 EU-Länder stammen und mindestens einen Bachelorab­schluss haben. Außerdem sollten sie zwei EUSprachen sprechen, erklärt das Epso auf seiner Homepage. Erste Berufserfa­hrungen seien zwar von Vorteil, aber nicht verpflicht­end. Um EUBeamter zu werden, müssen Bewerber einen computerba­sierten Auswahltes­t bestehen. Rund 1700 Menschen aus allen EU-Ländern sind im vergangene­n Jahr durch den Auswahltes­t gekommen.

Die Hürde ist zwar hoch, aber machbar. Auf der Homepage von Epso und dem Auswärtige­n Amt gibt es Übungen, die Bewerber auf den Test vorbereite­n. „Bei vielen Auswahlver­fahren, zum Beispiel zur Einstellun­g von Generalist­en für die Administra­torenlaufb­ahn der EU, bietet das Auswärtige Amt Seminare und Coachings an, um die Bewerber zielgerich­tet auf die verschiede­nen Phasen des Auswahlver­fahrens vorzuberei­ten“, heißt es aus dem Auswärtige­n Amt. Von der ersten Bewerbung bis zur Stelle dauerte das Einstellun­gsverfahre­n der EU früher fast zwei Jahre. Heute sind im Schnitt neun Monate bis ein Jahr nötig, um alle Stufen der Bewerbung und Auswahl zu durchlaufe­n. Hat man den Computerte­st erfolgreic­h durchlaufe­n, muss man sich bei einem Assessment Center in Brüssel beweisen. Erfolgreic­he Kandidaten werden dann auf die sogenannte Reservelis­te gesetzt – sie können sich nun auf Posten in der EU bewerben.

EU-Beamte seien später auf keinen Fall auf eine Stelle oder ein Ressort festgefahr­en, erklärt Rempesz. „Es gibt die Möglichkei­t, Weiterbild­ungen zu machen.“Je nach Grad der Erfahrung steige dann das Gehalt. Für Ökonomen sei ein EU-Job aber nicht immer so lukrativ wie beispielsw­eise in der freien Wirtschaft, erklärt Rempesz offen. Dafür zähle aber der europäisch­e Gedanke: „Ich glaube schon, dass das Personal, das bei uns arbeitet, davon überzeugt ist.“Amelie Richter, dpa

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Foto: Amelie Richter, dpa Wer wie Karina Rempesz für die Europäisch­e Kommission arbeiten will, muss in der Regel erst ein komplizier­tes Auswahlver­fahren bestehen.

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