Mittelschwaebische Nachrichten
Mozart gibt dem Brotteig Saures
Ein Bäcker beschallt seine Backwaren und findet: das schmeckt
Frankenwinheim Der Mensch ist ein Spieler und gibt selten Ruhe. Homo ludens experimentiert gern – besonders mit Musik. Weshalb so ziemlich alles beschallt wird, was sich nicht wehren kann. Südkorea bedröhnt Nordkorea, Kaufhäuser besäuseln ihre Kundschaft. Aber musikalisch beschallt werden versuchsweise auch gärender Wein, reifender Käse, Kühe im Stall, sogar Gießwasser und Schnittblumen. Angeblich verbessert Musik den Geschmack, das Aroma, die Qualität, das Wachstum. Eine der letzten musikfreien Bastionen ist jetzt auch geschleift: die Backstube. Ein unterfränkischer Hobby-Rockschlagzeuger und Bäckermeister hat getan, was getan werden musste. Mit 100 Dezibel beschallte Axel Schmitt jeweils 16 Stunden lang seinen Sauerteig im „Aromastudio“. Und zwar mit allem, was die Stereoanlage hergibt: Mozart, Heavy Metal, Ultraschall. Und? Wie schmeckt das von den Boxen in der Disko-Backstube weichgeknetete Brot? „Na, mehr nach Brot“, findet der Bäcker. Irgendwie bisschen anders jedenfalls.
Der 35-jährige Schmitt aus Frankenwinheim ist mehr als nur ein stiller Bäcker unter Bäckern. Der Schlagzeuger macht eine Ausbildung zum „Brotsommelier“, wovon es weltweit nur ein gutes Dutzend gibt. Die Teigbeschallung wählt der angehende Sommelier als seine wissenschaftliche Abschlussarbeit. Extrem hohe Töne im Ultraschallbereich, die für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar sind, brachten den aus Roggenmehl und Wasser bestehenden Sauerteig am deutlichsten auf Touren – die Bakterien und Hefen produzierten mehr Säure und mehr Kohlendioxid. Serviervorschlag: Brot mit Butter von Milch beschallter Kühe bestreichen, dazu ein bayerisches Bier, dessen Maische Blasmusik hörte. (mit dpa)