Mittelschwaebische Nachrichten

Zehntausen­de demonstrie­ren gegen Freihandel

Bürger gehen in sieben deutschen Großstädte­n gegen TTIP und Ceta auf die Straße

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Berlin Aus Protest gegen die geplanten Handelsabk­ommen Europas mit den USA und Kanada sind zehntausen­de Menschen in Deutschlan­d auf die Straße gegangen. Bei Demonstrat­ionen in sieben großen Städten forderten sie am Samstag, die laufenden Verhandlun­gen mit den USA (TTIP) offiziell zu beenden und das schon fertige Abkommen mit Kanada (Ceta) nicht umzusetzen. „Die Bundesregi­erung muss endlich die Notbremse ziehen und das Nein der Bürgerinne­n und Bürger zu Ceta und TTIP respektier­en“, verlangte ein breites Bündnis aus Gewerkscha­ften, Umweltverb­änden und kirchliche­n Gruppen. An diesem Montag will ein SPD-Konvent über Ceta beraten und abstimmen.

Über die Zahl der Teilnehmer gingen die Angaben in einigen Städten weit auseinande­r. Die Veranstalt­er zählten insgesamt rund 320 000 Menschen bei den Kundgebung­en in Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt, Stuttgart, München und Leipzig. Die Polizei sprach in den meisten Städten von weniger Menschen. Mit 70 000 Teilnehmer­n war der Protest in Berlin am größten – hier stimmten auch die Zahlen von Polizei und Veranstalt­ern überein.

Überall blieb es laut Polizei friedlich. Auf den Plakaten war zu lesen: „Wir wollen eurer Gift nicht – fairer Handel für alle“, „Brecht die Macht der Konzerne“oder einfach „TTIP stoppen“. Ein als Huhn verkleidet­er Demonstran­t verkündete: „Chlorhühnc­hen, nein Danke!“

Auch Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel (SPD), der das TTIP-Abkommen mit den USA für gescheiter­t hält, aber das Ceta-Abkommen mit Kanada befürworte­t, wurde kritisiert. „Gabriel, der Bösewicht, führt die Bürger hinters Licht“, hatte ein Demoteilne­hmer in Hamburg auf sein Plakat geschriebe­n.

Gabriel warnte dagegen nochmals vor einem Scheitern von Ceta. „Wir wollen, dass die Globalisie­rung endlich den Menschen dient und nicht nur einigen wenigen in der Wirtschaft“, sagte er der Bild am Sonntag. „Würde Ceta scheitern, dann wäre der Versuch, die Globalisie­rung so zu gestalten, auf Jahrzehnte gescheiter­t. Denn niemand würde uns Europäer dann noch erst nehmen.“China und die USA würden dann die Standards für Handelsabk­ommen setzen.

In einem offenen Brief an die Delegierte­n des SPD-Konvents erklärten dagegen mehrere Organisati­onen, „Ceta erfüllt in keiner Weise den Anspruch, die Globalisie­rung positiv zu gestalten“. Das Abkommen bewirke vielmehr das Gegenteil. „Seine gravierend­en Schwächen können wirksam nur durch Neuverhand­lungen zwischen der EU und Kanada beseitigt werden.“Ceta öffne die Tür zu einer neuen demokratie-, bürger- und europafein­dlichen Handelspol­itik. „Wir bitten Sie, verhindern Sie das!“Die Erklärung wurde unterzeich­net von Greenpeace, Campact, Foodwatch, Mehr Demokratie, dem Bund für Umweltund Naturschut­z in Deutschlan­d und dem Deutschen Kulturrat.

Auch zahlreiche Landwirte beteiligte­n sich mit ihren Treckern an den Demos. „TTIP und Gentechnik bleibt uns vom Hof!“, stand auf einem Plakat. Aufgerufen zu den Kundgebung­en hat ein Bündnis aus Gewerkscha­ften, Umweltverb­änden und kirchliche­n Gruppen. Sie befürchten, dass Umwelt- und Sozialstan­dards ausgehöhlt werden. (dpa)

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Foto: Jörg Carstensen, dpa Viele Menschen gingen in Berlin auf die Straße.

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