Mittelschwaebische Nachrichten
Etwas Alkohol schützt das Herz doch nicht …
…aber mediterrane Kost ist für die Pumpe gut. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie berichtet über interessante Ergebnisse, die unlängst auf dem Europäischen Fachkongress in Rom präsentiert wurden
Rom Mäßiger Alkoholkonsum ist gut fürs Herz – wer in der Vergangenheit darauf gesetzt hat, muss jetzt möglicherweise umdenken. Niedriger bis moderater Alkoholkonsum hat offenbar doch keine herz- und gefäßschützende Funktion, lautet das Ergebnis einer Reihe von Studien, die unlängst beim Europäischen Kardiologie-Kongress in Rom vorgestellt wurden. Das teilte die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) kürzlich mit.
So habe eine über 20 Jahre laufende dänische Studie mit fast 19000 Krankenschwestern keine Hinweise auf einen signifikaten günstigen Zusammenhang zwischen moderatem Alkoholkonsum und der HerzKreislauf-Sterblichkeit erbracht, heißt es. Eine ebenfalls auf dem Kongress präsentierte Studie aus Israel und den USA zum Einfluss mäßigen Alkoholkonsums auf das Fortschreiten der Arteriosklerose erbrachte ebenfalls keine signifikanten Ergebnisse. „Wer etwas für seine Herzgesundheit tun möchte, braucht dafür keinen Alkohol zu trinken“, kommentiert der Pressesprecher der DGK, Professor Eckhart Fleck. Weder eine günstige noch eine schädliche Wirkung moderaten Alkoholkonsums auf das Herz hätten Studien zweifelsfrei nachweisen können. Starker Alkoholkonsum könne sich negativ auf viele Organe auswirken und sollte auf jeden Fall vermieden werden.
Darüber hinaus wurde laut DGK eine Reihe weiterer interessanter Studienergebnisse präsentiert:
Übergewicht bei Kindern Schon bei Kindern und Jugendlichen wirkt sich Übergewicht sehr negativ auf das Herz-Kreislauf-Risiko aus. Laut der in Rom vorgestellten Ergebnisse der PEP Familie Heart Study, leiden unter übergewichtigen Kindern und Jugendlichen doppelt so viele an Bluthochdruck wie unter normalgewichtigen Altersgenossen. Auch die Blutfettwerte sind bei denjenigen, die zu viel Speck auf den Rippen haben, deutlich schlechter.
Das Vorhandensein von Risikofaktoren stieg in Abhängigkeit vom Schweregrad der Adipositas an – je höher desto stärker. So hatten etwa die Mädchen in der Gruppe mit dem höchsten Body Mass Index (BMI) ein 17-fach höheres Hochdruck-Risiko als in der Gruppe mit dem niedrigsten BMI, bei den Jungen war das Risiko in der höchsten BMI-Gruppe vierfach erhöht. Bei den Triglyzeridwerten zeigten sich ähnliche Verhältnisse.
„Damit ist deutlich geworden, dass extremes Übergewicht erheblicher Aufmerksamkeit bedarf“, so Studien-Erstautorin Gerda-Maria Haas, MPH, vom ArteriosklerosePräventions-Institut München. „Das ist schon deshalb von Bedeutung, weil im Gegensatz zu Überge- und einfacher Adipositas, die eher zurückgehen, ausgeprägte Adipositas in den westlichen Ländern erheblich zunimmt.“
Körperliche Aktivität bei Älteren Moderate körperliche Aktivität bei Menschen über 65 Jahren verringert die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit um mehr als 50 Prozent und die Risiken eines akuten Ereignisses um mehr als 30 Prozent. Das berichtete die finnische Geriaterin Professor Riitta Antikainen (University Oulu) beim ESC-Kongres in Rom. Ein höheres körperliches Aktivitätsniveau lieferte bessere Ergebnisse, ergab die Auswertung der über zwölf Jahre laufenden National FINRISK Study mit fast 2500 Teilnehmern im Alter von 65 bis 74 Jahren. Die Bedeutung der körperlichen Aktivität in der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Menschen im arbeitsfähigen Alter sei gut bekannt, so die Forscherin, doch wisse man relativ wenig über die Auswirkungen regelmäßiger körperlicher Aktivität bei älteren Menschen.
„Der Schutzeffekt durch körperliche Freizeitaktivitäten ist dosisabhängig, mit anderen Worten, je mehr man macht, desto besser. Solche Aktivitäten haben auch eine Schutzwirkung, wenn andere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorliegen, zum Beispiel hohe Cholesterinwerte“, so Antikainen. „Körperliche Aktivitäten können im Alter eine größere Herausforderung darstellen. Wichtig ist, ausreichend sichere körperliche Aktivitäten zu betreiben, um im Ruhestand gesund zu bleiben.“
Die Forscher unterteilten die körperlichen Aktivitätsniveaus in niedrig (Lesen, Fernsehen oder leichte Hausarbeiten), moderat (Gehen, Fahrradfahren, Gärtnern für zumindest vier Stunden pro Woche) oder hoch (Joggen, Skifahren, Gymnastik, Schwimmen, schwere Gartenarbeiten sowie intensives sportliches Training für zumindest drei Stunden pro Woche). „Die Studie bestätigt altersunabhängig die Bedeutung ausreichender körperlicher Aktivität für die Herz-KreislaufGesundheit. Es muss nicht immer Joggen sein, auch alltäglichere körperliche Betätigungen sind sinnvoll. Natürlich sollte das Ausmaß der Aktivitäten dem individuellen Gesundheitszustand angepasst sein“, kommentiert DGK-Pressesprecher Fleck die Ergebnisse. Diese Anpassung lasse sich etwa durch die Registrierung der Herzfrequenz steuern und überwachen.
Mediterrane Kost und Herz Wenn Menschen, die an einer kardiovaskulären Krankheit leiden, ihr Ernährungsverhalten klar an der sogenannten Mittelmeerdiät orientieren, sinkt ihre Sterblichkeit deutlich. Das zeigte in Rom die Studie eines italienischen Forscherteams. „Die mediterrane Ernährungsform ist weithin als besonders gesundheitsfördernd anerkannt“, so Prof. Giovanni De Gaetano. Bisherige Studien, die eine positive Wirkung der Mittelmeer-Diät belegt haben, hätten sich aber vor allem auf deren Wirkung auf Menschen ohne HerzKreislauf-Erkrankungen konzentriert. Die neue Untersuchung ging nun der Frage nach, ob diese Befunwicht de auch auf Personen zutreffen, die bereits an einer kardiovaskulären Erkrankung leiden – und beantwortet sie positiv. Wesentliche Elemente der „Mittelmeer-Diät“sind ein hoher Anteil an Obst, Gemüse, Fisch, Nüssen und ungesättigten Fettsäuren wie Olivenöl.
In der MOLI-SANI-Studie wurden den Angaben zufolge die Daten von 1197 Personen mit vorangegangener kardiovaskulärer Erkrankung, zum Beispiel Herzinfarkt oder Schlaganfall, analysiert. Die Intensität, mit der die mediterrane Diät eingehalten wurde, wurde mittels einer neunteiligen Skala erhoben. Personen, die auf dieser Skala sechs bis neun Punkte erreichten, hatten ein um 37 Prozent niedrigeres Sterberisiko als jene mit null bis drei Punkten. Damit sei erstmals belegt, dass mediterrane Kost nicht nur eine wichtige vorbeugende Funktion für die Herzgesundheit habe, so DGK-Pressesprecher Fleck, sondern auch positive Auswirkungen bei bereits vorhandener Erkrankung.
Vegetarismus und vegane Ernährung Auch zur möglichen gesundheitsfördernden Wirkung von Vegetarismus oder veganer Ernährung wurden auf dem Europäischen Kardiologiekongress neue Daten präsentiert. Menschen, die sich vegetarisch ernähren, haben gegenüber Fleischessern ein deutlich verringertes Herzrisiko. Das ist das Ergebnis einer in Rom präsentierten Meta-Analyse von insgesamt 96 Studien. Sowohl Vegetarier als auch Veganer hatten demnach einen geringeren Body-Mass-Index sowie günstigere Cholesterin- und Glukose-Werte als Menschen, die auch tierische Produkte auf dem Speiseplan haben. Die Meta-Analyse zeigte einen protektiven Effekt einer vegetarischen Diät auf Häufigkeit und Sterblichkeit aufgrund von ischämischen Herzerkrankungen (minus 25 Prozent) sowie Krebs (minus 8 Prozent). Bei Veganern war das Krebsrisiko um signifikante 15 Prozent reduziert. Die Studienautoren machten allerdings darauf aufmerksam, dass es gerade zum veganen Lebensstil nur eine limitierte Zahl an Studien gibt.
Sozioökonomischer Status und Risiko Ein niedriger sozioökonomischer Status ist mit einem erhöhten Risiko verbunden, nach einem Herzinfarkt abermals einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Eine Studie an rund 30000 Menschen mit vorangegangenem Herzinfarkt ergab, dass das Risiko für ein neuerliches kardiovaskuläres Ereignis bei den Personen mit dem höchsten Einkommensfünftel um 36 Prozent niedriger war als bei Menschen, die dem Fünftel der Bevölkerung mit dem niedrigsten Einkommen angehören.
Obstruktive Schlafapnoe Die obstruktive Schlafapnoe mit nächtlichen Atemaussetzern gilt bekanntlich als Herz-Kreislauf-Risikofaktor. Dennoch ergab eine in Rom vorgestellte Studie, dass eine dreijährige nächtliche Behandlung mit sogenannten CPAP-Masken bei davon Betroffenen keinen Nutzen für das kardiovaskuläre Risiko hatte. Bei der Schlafapnoe kommt es durch das Erschlaffen der Rachenmuskulatur im Schlaf zu einem Verschluss der oberen Luftwege und zu potenziell gefährlichen vorübergehenden Atemstillständen. Bei der CPAPTherapie wird über eine Maske kontinuierlich Atemluft mit einem leichten Überdruck zugeführt, wodurch das Gewebe im Nasen- und Rachenraum stabilisiert und die Atemwege offen gehalten werden.
Für die SAVE-Studie wurden über 2700 Patienten mit Schlafapnoe und Herz-Kreislauf-Erkrankungen rekrutiert, überwiegend ältere, übergewichtige und gewohnheitsmäßig schnarchende Männer, die entweder eine herkömmliche Behandlung oder zusätzlich eine CPAP-Therapie erhielten. Bei der abschließenden Analyse nach durchschnittlich 3,7 Jahren zeigten sich in Bezug auf Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Es sei für ihn unklar, weshalb bei Patienten mit CPAP das kardiovaskuläre Risiko nicht verbessert werde, erklärte Studienleiter Dr. Doug McEvoy (Adelaide, Australien).
Doch obwohl die Ergebnisse enttäuschend seien, mache die CPAPTherapie Sinn: Die Patienten seien weniger müde und depressiv, ihre Produktivität und Lebensqualität sei höher, so der Schlafforscher.
Es muss nicht immer Joggen sein