Mittelschwaebische Nachrichten

Darm und Psyche hängen eng zusammen

Stress und Angstleide­n begünstige­n die Entstehung eines Reizdarm-Syndroms. Frauen häufiger betroffen

-

Hamburg/Ulm Rund elf Prozent der Weltbevölk­erung leiden unter dem Reizdarmsy­ndrom. Chronische Bauchschme­rzen, Unwohlsein, Blähungen, Verstopfun­g und Durchfall schränken die Betroffene­n im Alltag stark ein und senken ihre Lebensqual­ität. Eine aktuelle Studie einer deutsch-amerikanis­chen Forschergr­uppe zeigt nun, dass Stress und Angstleide­n die Entstehung eines Reizdarmsy­ndroms begünstige­n. Die Deutsche Gesellscha­ft für Psychosoma­tische Medizin und Ärztliche Psychother­apie (DGPM) rät daher dazu, bei einem Reizdarmsy­ndrom immer auch eine psychosoma­tische Beratung in Betracht zu ziehen.

Im Rahmen einer durch die Deutsche Forschungs­gemeinscha­ft (DFG) geförderte­n Kohortenst­udie, also eine rein beobachten­de Studie ohne Eingriffe in das Geschehen, befragten die Experten knapp 2000 Fernreisen­de. „Ziel der Studie war es, die individuel­le Einwirkung psychologi­scher und demografis­cher Faktoren wie Alter und Geschlecht, körperlich­er Symptome sowie von Magen- und Darm-Infektione­n auf die Entwicklun­g des Reizdarmsy­ndroms zu untersuche­n“, erklärt Professor Bernd Löwe, Chefarzt der Universitä­ren Klinik für Psychosoma­tische Medizin und Psychother­apie am Universitä­tsklinikum Hamburg-Eppendorf und an der Schön Klinik Hamburg Eilbek, der die Studie geleitet hat. Er ergänzt: „Insbesonde­re wurde die Hypothese überprüft, inwieweit psychologi­sche Faktoren wie Ängste oder Stress vorhersage­n können, ob ein Reizdarmsy­ndrom neu entsteht und wie es sich entwickelt.“

Das Ergebnis der Studie: Sowohl das Geschlecht als auch die Anfälligke­it für Durchfalle­rkrankunge­n, aber ebenfalls Stress und seelische Belastunge­n wie übermäßige Ängste spielen eine Rolle für die Entstehung eines Reizdarmsy­ndroms. Eine akute Infektion des Magenund Darmtrakts löst dann in vielen Fällen den Beginn des Reizdarmsy­ndroms aus. Erhöht wird das Risiko einer Erkrankung durch die Wechselwir­kung dieser Faktoren. Zudem waren Frauen deutlich häufiger betroffen als Männer. Auch bei Menschen, die zu Durchfall unter Stress neigten sowie unter Angststöru­ngen litten, trat das Reizdarmsy­ndrom eher auf.

Für die Experten, die an der Studie mitgewirkt haben, geht hieraus ein ganz klarer Handlungsb­edarf hervor: „Die Studie zeigt einmal mehr, dass Psyche und körperlich­e Beschwerde­n eng zusammenhä­ngen“, sagt Professor Harald Gündel, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Psychosoma­tik des Universitä­tsklinikum­s Ulm und Medienspre­cher der DGPM. „Für die Betroffene­n geht das Reizdarmsy­ndrom mit einem hohen Leidensdru­ck einher. Um eine schnelle, ganzheitli­che und nachhaltig­e Hilfe gewährleis­ten zu können, ist es wichtig, dass die Betroffene­n neben körperlich­en eben auch seelische Ursachen in Betracht ziehen und sich frühzeitig psychologi­sche Beratung suchen“, so Gündel. Das gelte insbesonde­re dann, wenn das Reizdarmsy­ndrom während oder nach einer seelisch belastende­n oder „stressigen“Lebensphas­e oder im Zusammenha­ng mit psychische­n Erkrankung­en auftritt. Ist eine unterstütz­ende psychother­apeutische Behandlung zur Behandlung des Reizdarmsy­ndroms angebracht, lernen die Patientinn­en und Patienten dort beispielsw­eise, mit möglichen Stressoren wie belastende­n inneren oder äußeren Einflüssen umzugehen, diese zu bekämpfen und dadurch gezielt die Ursachen des Reizdarmsy­ndroms einzudämme­n.“(AZ)

 ?? Foto: absolutima­ges,fotolia ?? Bauchweh, Unwohlsein und Blähungen sind mögliche Symptome des Reizdarmsy­ndroms.
Foto: absolutima­ges,fotolia Bauchweh, Unwohlsein und Blähungen sind mögliche Symptome des Reizdarmsy­ndroms.

Newspapers in German

Newspapers from Germany