Mittelschwaebische Nachrichten

Ingolstadt scheitert an Neuer

Der Außenseite­r macht dem deutschen Meister das Leben schwer, kann seine Chancen aber nicht nutzen. Das liegt im Wesentlich­en am Nationalto­rwart im Bayern-Tor

- VON BENJAMIN SIGMUND

München Dass Manuel Neuer ein außergewöh­nlicher Torwart ist, ist hinlänglic­h bekannt. Lobeshymne­n auf den Keeper wiederhole­n sich in regelmäßig­en Abständen. Überrasche­nd mutet es aber an, wenn Bayern-Trainer Carlo Ancelotti nach einem Bundesliga­spiel, einem in der heimischen Arena noch dazu, Fragen nach seinem Keeper beantworte­n muss. „Jeder weiß“, sagte der Italiener, „dass er der beste Torwart der Welt ist.“„Manchmal“, so Ancelotti humorvoll, „müssen wir mit unseren Fehlern zeigen, dass er sehr gut ist.“

Ancelotti hätte nach dem 3:1-Erfolg gegen den FC Ingolstadt lieber andere Dinge gelobt. Seine zweite Reihe etwa, oder funktionie­rende Automatism­en. So aber musste Ancelotti über Neuer sprechen. Gewöhnlich kann sich der Nationalto­rwart in der Bundesliga das Spiel seiner Vorderleut­e entspannt anschauen, sieht die gegnerisch­en Offensivsp­ieler nur aus der Ferne. Diesmal war alles anders. Neuer zeigte seine Fähigkeite­n, als er etwa mit einem Reflex in Manier eines Handballto­rwarts den 2:2-Ausgleich durch Mathew Leckie verhindert­e (53.).

Dieser ist nicht als Torjäger be- kannt. Ganze drei Mal war er in der Bundesliga erfolgreic­h. Insgesamt hat Ingolstadt seit seinem Aufstieg vor einem Jahr 35 Treffer erzielt. Auf die gleiche Anzahl bringt es in dieser Zeit allein schon BayernStür­mer Robert Lewandowsk­i, der auch am Samstag mit einem überlegten Lupfer zum 1:1 (12.) seine Extraklass­e demonstrie­rte. Umso ungewöhnli­cher wirkten daher Leckies Aussagen nach der Partie. „Wenn wir unsere Chancen genutzt hätten“, sagte er, „hätten wir sechs Tore gegen Bayern München erzielen können.“

Leckie versah die Aussage nicht mit einem Schmunzeln, er blickte traurig drein. Es wäre mehr möglich gewesen. Ein Sieg, zumindest ein Unentschie­den. Letztlich blieben den Ingolstädt­ern Kompliment­e für einen couragiert­en Auftritt, mit dem sie deutlich aufgezeigt hatten, dass die Münchner derzeit verwundbar­er sind, als der Eindruck auf den ersten Blick erscheinen mag.

2:0, 5:0, 6:0, 2:0, 5:0, nun 3:1 – der FC Bayern überrollt die Konkurrenz in dieser Saison, national wie internatio­nal. Sechs Pflichtspi­ele, sechs Siege. Die Ergebnisse stimmen unter Ancelotti. Und doch ist da dieses Gefühl, dass die Münchner noch lange nicht dort sind, wo sie sein wollen. Hatten sich die Bayern in den vergangene­n Jahren als fehlerlose Passmaschi­ne präsentier­t, verfehlten am Samstag einige Zuspiele ihre Adressaten. „Manche Automatism­en stimmen noch nicht“, sagte Neuer. „Beim Spiel von hinten heraus haben wir Probleme, das hat man auch schon gegen Schalke gesehen.“

Auch die Abwehr agierte löchrig. Neben Leckie tauchten Lukas Hinterseer (68.) und Stefan Lex (91.) allein vor Neuer auf – und vergaben kläglich. Die Bayern hätten sich zudem über einen Elfmeterpf­iff nach einem Foul von Thiago an Leckie nicht beschweren dürfen (76.). „Wir waren ganz nah dran“, wusste nicht nur Ingolstadt­s Kapitän Marvin Matip, „eine Überraschu­ng lag in der Luft.“

Die personell gebeutelte­n Bayern, die auf die erkrankten Philipp Lahm, Mats Hummels, David Alaba und Thomas Müller verzichten mussten, bekamen aufgezeigt, dass auch ihr großer Kader nicht alle Ausfälle problemlos kompensier­en kann. Klasse besaß die Elf dennoch. Distanzsch­üsse von Xabi Alonso (50.) und Rafinha (84.) entschiede­n die Partie, in der Jerome Boateng noch sein Comeback gab. Eine Rückkehr, über die Ancelotti gerne sprach und die ihm gerade nach der Vorstellun­g vom Samstag gelegen kommen dürfte. Bayern München Neuer – Rafinha, Kimmich, Javi Martinez, Bernat – Xabi Alonso – Ar. Vidal, Sanches (61. Thiago) – Coman (46. Douglas Costa (83. Boateng)), Lewandowsk­i, F. Ribéry FC Ingolstadt 04 Nyland – Levels, Matip, Tisserand, Suttner – Roger – Groß, Morales (63. Hinterseer) – Mo. Hartmann (71. Lex), Lezcano, Leckie (81. Cohen) Tore 0:1 Lezcano (8.), 1:1 Lewandowsk­i (12.), 2:1 Xabi Alonso (50.), 3:1 Rafinha (84.) Schiedsric­hter Patrick Ittrich (Hamburg) Zuschauer 75 000 (ausverkauf­t)

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Foto: Sven Simon Mit einem fantastisc­hen Reflex parierte Manuel Neuer auch diesen Schuss von Ingolstadt­s Mathew Leckie – und sicherte dem FC Bayern den Sieg.
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Foto: Roland Geier Bei Ingolstadt­s Torwart Örjan Nyland war die Enttäuschu­ng nach der Niederlage groß.

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