Mittelschwaebische Nachrichten

Varoufakis trifft DDR

Die Rückkehr des Volker Braun

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Berlin Er war einer der wichtigste­n DDR-Dramatiker. Jetzt, mit 77 Jahren ist er zurück am Theater – und das auch noch mit einem politische­n Lehrstück: Am Freitag wurde „Die Griechen“von Volker Braun am Berliner Ensemble uraufgefüh­rt. Und ja, es geht um die aktuelle Finanzund Eurokrise, bekannte Gesichter, Populismus und Ideologie. Altes Links gegen neues Links?

Theatererf­olge wie „Großer Frieden“und „Die Übergangsg­esellschaf­t“, Lyrik und Prosa hatten Braun zu einem der bekanntest­en und einflussre­ichsten Autoren der DDR gemacht. Sein Auftreten gegen den Einmarsch in Prag 1968 und gegen die Ausbürgeru­ng Wolf Biermanns 1976 brachte ihm das Misstrauen des SED-Regimes ein. Jahrelang wurde er intensiv von der Staatssich­erheit überwacht. Nach dem Fall der Mauer verschwand­en seine Stücke weitgehend von den deutschspr­achigen Bühnen.

In Monologen und chorischen Sprechgesä­ngen lässt Braun nun bei seiner Rückkehr die griechisch­e Staatskris­e Revue passieren, mit Auftritten von Personen wie dem ehemaligen griechisch­en Ministerpr­äsidenten Papandreou und Finanzmini­ster Varoufakis. Ihren oft hohl klingenden Phrasen stellt Braun die Nöte einfacher Leute gegenüber, symbolisie­rt von einem Heer arbeitslos­er Putzfrauen. Effektvoll nutzt er Formen der antiken Tragödie, spielt dabei insbesonde­re auf Aischylos’ „Die Perser“aus dem Jahr 427 vor Christus an, die älteste erhaltene griechisch­e Tragödie.

Das kleine Podest, auf dem unmittelba­r vor den Zuschauern gespielt wird, ist in Weiß gehüllt. Einige Stühle und ein Tisch markieren Räume. Und darin werden aus bekannten Polit-Floskeln bissige Pointen. So spricht Braun beispielsw­eise von den „Erzwungens­chaften des vermeinten Europa“. Oder: „Ihr habt keine Wahl, also wählt!“Der Text zeigt deutlich, wie sehr etwa die von der Konsumgese­llschaft entfachte Gier jedes Einzelnen der Demokratie schaden kann. Mit Kalauern wie „Kein Heller für Hellas“wird ab und an doch etwas zu vordergrün­dig. Insgesamt aber besticht der Abend durch ausgefeilt­e gedanklich­e Schärfe. (dpa)

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