Mittelschwaebische Nachrichten
Viele abgelehnte Asylbewerber bleiben im Land
Es geht um über eine halbe Million Fälle. CSU will Regeln verschärfen
Augsburg Deutlich über eine halbe Million Migranten leben in Deutschland, obwohl ihr Asylantrag abgelehnt wurde. Diese Meldung heizt die Debatte über schärfere Abschieberegeln weiter an. Die Zahl, die aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion der Linken stammt, brachte gestern auch wieder die Differenzen innerhalb der Union in der Flüchtlingspolitik ans Licht. Während aus der CSU Forderungen nach einer erleichterten Abschiebung für diese große Gruppe durch veränderte Rechtsvorschriften kommen, lautet die Linie der Kanzlerin Angela Merkel bis dato: Zurück in seine Heimat muss, wer kein Bleiberecht hat.
Der Unterschied zwischen diesen Positionen ist gravierend. Von den rund 549 000 abgelehnten Asylbewerbern, die in Deutschland leben, haben 46,6 Prozent ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Die größte Gruppe stellen Türken, gefolgt von Kosovaren und Serben. Dabei geht es in erster Linie um Personen, die nur noch wenig Bindung zum Herkunftsland haben. Ein Beispiel: 140000 Migranten, die heute trotz eines gescheiterten Asylantrags im Land sind, kamen, als Helmut Kohl noch Kanzler war – also zwischen 1982 und 1998. Weitere 34,8 Prozent der Betroffenen verfügen über eine befristete Aufenthaltsgenehmigung. Gründe dafür können eine Arbeitsstelle oder eine laufende Ausbildung sein. Blieben knapp 170000 Ausländer, die lediglich geduldet werden. Laufende Strafverfahren, die fehlende Bereitschaft der Heimatländer, die Migranten zurückzunehmen, und auch attestierte Krankheiten verhindern in vielen Fällen eine Abschiebung.
Die Bundesregierung wirft in ihrer Antwort der Ärzteschaft vor, mit falschen Attesten zu hantieren. Etliche enthielten gleich zu Beginn der Ausführungen Formulierungen wie „Verdachtsdiagnose“, woran sich das Votum anschließe, es solle „keine Abschiebung erzwungen werden“. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, wies die Vorwürfe zurück: „Statt Spekulationen über mögliche Gefälligkeitsgutachten abzugeben, muss dafür gesorgt werden, dass die Voraussetzungen für die Gutachtenerstellung stimmen.“
Die CSU fordert nicht nur, dass geduldete Personen zügig zurückgeschickt werden. Die Partei will auch erreichen, dass Menschen, die über ein Bleiberecht verfügen, leichter zurückgeführt werden können. Und das sind immerhin 80 Prozent der rund 549000, die trotz abgelehnter Asylverfahren aktuell in Deutschland leben.
Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) forderte eine weitgehende Reform der Abschieberegeln. „Wer zulässt, dass abgelehnte Asylbewerber dem Staat derart auf der Nase herumtanzen, zerstört
Die Zahl der Rückführungen aus Bayern steigt
das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates“, sagte er in Bild. Die CSU wurde gestern bei ihrer Herbstklausur im Kloster Banz konkret: Befristete Aufenthaltsrechte für anerkannte Flüchtlinge, nachträgliche Überprüfung von Zuwanderern, Familiennachzug nur bei Härtefällen und konsequentere Abschiebungen – diese Ziele wurden in einem Forderungskatalog gebündelt.
Nach wie vor tun sich die Bundesländer, die für Abschiebungen zuständig sind, schwer. Rund 13 000 Personen wurden deutschlandweit bis Ende Juli 2016 abgeschoben. Gut 2000 Menschen davon vom Freistaat aus. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es circa 1000 Menschen. Immerhin kehrten rund 6500 Flüchtlinge im ersten Halbjahr 2016 freiwillig von Bayern aus zurück. (mit dpa, kna) »Die Dritte Seite