Mittelschwaebische Nachrichten
Der Punktedieb aus Augsburg
FCA-Torwart Marwin Hitz sicherte seiner Mannschaft ein Unentschieden in Leverkusen. Diesbezüglich ist er ein Wiederholungstäter. Mitleid hat er trotzdem nicht
Leverkusen Früher war Stefan Reuter für seine Sprints auf der Außenbahn berühmt. So schaffte er es in die Nationalmannschaft, wurde 1990 Weltmeister, spielte unter anderem für den FC Bayern, Borussia Dortmund und Juventus Turin. Nach mehreren Knieoperationen ist schnelles Laufen für den 49-Jährigen eigentlich nicht mehr möglich, sportlich hat er sich aufs Golfen verlegt. Doch am Mittwochabend zog der Manager des FC Augsburg nach dem 0:0 in Leverkusen einen Sprint an, der stark an dessen Tage als Fußballer erinnerte. Ziel war FCATorhüter Marwin Hitz.
Der 29-jährige Schweizer Nationalspieler entwickelt sich mehr und mehr zum unheimlichen Punktedieb der Werkself, zum Albtraum der Bayer-Kicker. Im Februar 2015 rettete er vor eigenem Publikum in der Nachspielzeit mit einem Treffer in letzter Sekunde das 2:2. Seinen Drehschuss kürten die Fernsehzuschauer zum „Tor des Monats“.
Am Mittwoch hielt er mit einer sensationellen Parade in der Nachspielzeit das 0:0 fest. Geköpft hatte der lange verletzte Stefan Kießling. „Die hatten drei Torhüter da drin. Er hat ihn gut gehalten“, meinte der 32-jährige Stürmer. Hitz hatte verständlicherweise kein Mitleid. „Er muss heute zufrieden sein, dass er wieder spielen durfte. Dieses Gefühl muss heute reichen, ich wollte ihm zum Einstand kein Tor gönnen“, schmunzelte der Torhüter.
„Es hätte die Story des Spiels werden können, wenn Stefan bei seinem Comeback das Siegtor macht. Aber der Fußball schreibt manchmal seine eigenen Geschichten“, erzählte später ein frustrierter Bayer-Trainer Roger Schmidt. Diesmal war es die vom kleinen David Augsburg, der sich gegen den großen Goliath Leverkusen behauptete. Der Vergleich passte, hatte Bayer in die Verpflichtung von Kevin Volland, Aleksandar Dragovic und Julian Baumgartlinger rund 40 Millionen Euro investiert.
FCA-Trainer Dirk Schuster hatte gegen die übermächtige BayerOffensive erst gar nicht versucht, spielerisch mithalten zu wollen. Teilweise verbarrikadierten neun Feldspieler den eigenen Strafraum. Nur einmal war der FCA gefährlich vor Bayer-Torhüter Leno aufgetaucht, der gegen Rückkehrer Jan Moravek (75.) aber toll reagierte.
Ansonsten versuchte der FCA, den Bayer-Kreativen wie Volland, Chicharito, Kampl oder Calhanoglu die Lust am Spielen zu nehmen. Eine reine Überlebensmaßnahme – erfolgreich, wenn auch nichts für Fußball-Ästheten. Hätte der Chilene Charles Aranguiz in der 72. Minute nicht den zweiten Elfmeter in Folge für die Leverkusener verschossen, hätte es wohl Diskussionen über die destruktive FCA-Taktik gegeben. So war es Kapitän Paul Verhaegh egal: „Der Zweck heiligt die Mittel. Es war klar, dass es für uns kein schönes Spiel wird. Wir haben einen Punkt gewonnen. Man darf nicht vergessen: Wir haben gegen einen Champions-League-Teilnehmer gespielt. Das war ein Punkt für die Moral.“
FCA-Held Hitz hielt sich an die Fakten: „Letzte Saison hatten wir gerade zwei Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz. Deswegen müssen wir jeden Punkt nehmen, den wir kriegen können.“
Ähnlich unsentimental sah es auch der Österreicher Hinteregger: „Wir wollten den Punkt, wir haben den Punkt.“Er setzt auf den Faktor Zeit. „In ein paar Tagen fragt keiner mehr, wie wir den geholt haben.“
In einer englischen Woche geht das noch schneller. Am Samstag (15.30 Uhr) kommt Darmstadt 98 in die WWK-Arena. Ob da Ja-Cheol Koo dabei sein wird, ist noch unsicher. Bei dem Koreaner wurde eine Fleischwunde am linken Sprunggelenk in der Halbzeit genäht.
Aber egal ob mit oder ohne Koo, Hinteregger hat nach dem vierten Auswärtspunkt ein klares Ziel ausgegeben. „Jetzt wird es Zeit, dass wir daheim wieder gewinnen. Ich denke, dass es gegen Darmstadt ein anderes Spiel wird, da werden wir nicht mauern, sondern auch wieder Fußball spielen.“Die Frage ist nur, ob das Darmstadt auch vorhat.