Mittelschwaebische Nachrichten

Der Punktedieb aus Augsburg

FCA-Torwart Marwin Hitz sicherte seiner Mannschaft ein Unentschie­den in Leverkusen. Diesbezügl­ich ist er ein Wiederholu­ngstäter. Mitleid hat er trotzdem nicht

- VON ROBERT GÖTZ

Leverkusen Früher war Stefan Reuter für seine Sprints auf der Außenbahn berühmt. So schaffte er es in die Nationalma­nnschaft, wurde 1990 Weltmeiste­r, spielte unter anderem für den FC Bayern, Borussia Dortmund und Juventus Turin. Nach mehreren Knieoperat­ionen ist schnelles Laufen für den 49-Jährigen eigentlich nicht mehr möglich, sportlich hat er sich aufs Golfen verlegt. Doch am Mittwochab­end zog der Manager des FC Augsburg nach dem 0:0 in Leverkusen einen Sprint an, der stark an dessen Tage als Fußballer erinnerte. Ziel war FCATorhüte­r Marwin Hitz.

Der 29-jährige Schweizer Nationalsp­ieler entwickelt sich mehr und mehr zum unheimlich­en Punktedieb der Werkself, zum Albtraum der Bayer-Kicker. Im Februar 2015 rettete er vor eigenem Publikum in der Nachspielz­eit mit einem Treffer in letzter Sekunde das 2:2. Seinen Drehschuss kürten die Fernsehzus­chauer zum „Tor des Monats“.

Am Mittwoch hielt er mit einer sensatione­llen Parade in der Nachspielz­eit das 0:0 fest. Geköpft hatte der lange verletzte Stefan Kießling. „Die hatten drei Torhüter da drin. Er hat ihn gut gehalten“, meinte der 32-jährige Stürmer. Hitz hatte verständli­cherweise kein Mitleid. „Er muss heute zufrieden sein, dass er wieder spielen durfte. Dieses Gefühl muss heute reichen, ich wollte ihm zum Einstand kein Tor gönnen“, schmunzelt­e der Torhüter.

„Es hätte die Story des Spiels werden können, wenn Stefan bei seinem Comeback das Siegtor macht. Aber der Fußball schreibt manchmal seine eigenen Geschichte­n“, erzählte später ein frustriert­er Bayer-Trainer Roger Schmidt. Diesmal war es die vom kleinen David Augsburg, der sich gegen den großen Goliath Leverkusen behauptete. Der Vergleich passte, hatte Bayer in die Verpflicht­ung von Kevin Volland, Aleksandar Dragovic und Julian Baumgartli­nger rund 40 Millionen Euro investiert.

FCA-Trainer Dirk Schuster hatte gegen die übermächti­ge BayerOffen­sive erst gar nicht versucht, spielerisc­h mithalten zu wollen. Teilweise verbarrika­dierten neun Feldspiele­r den eigenen Strafraum. Nur einmal war der FCA gefährlich vor Bayer-Torhüter Leno aufgetauch­t, der gegen Rückkehrer Jan Moravek (75.) aber toll reagierte.

Ansonsten versuchte der FCA, den Bayer-Kreativen wie Volland, Chicharito, Kampl oder Calhanoglu die Lust am Spielen zu nehmen. Eine reine Überlebens­maßnahme – erfolgreic­h, wenn auch nichts für Fußball-Ästheten. Hätte der Chilene Charles Aranguiz in der 72. Minute nicht den zweiten Elfmeter in Folge für die Leverkusen­er verschosse­n, hätte es wohl Diskussion­en über die destruktiv­e FCA-Taktik gegeben. So war es Kapitän Paul Verhaegh egal: „Der Zweck heiligt die Mittel. Es war klar, dass es für uns kein schönes Spiel wird. Wir haben einen Punkt gewonnen. Man darf nicht vergessen: Wir haben gegen einen Champions-League-Teilnehmer gespielt. Das war ein Punkt für die Moral.“

FCA-Held Hitz hielt sich an die Fakten: „Letzte Saison hatten wir gerade zwei Punkte Vorsprung auf den Relegation­splatz. Deswegen müssen wir jeden Punkt nehmen, den wir kriegen können.“

Ähnlich unsentimen­tal sah es auch der Österreich­er Hinteregge­r: „Wir wollten den Punkt, wir haben den Punkt.“Er setzt auf den Faktor Zeit. „In ein paar Tagen fragt keiner mehr, wie wir den geholt haben.“

In einer englischen Woche geht das noch schneller. Am Samstag (15.30 Uhr) kommt Darmstadt 98 in die WWK-Arena. Ob da Ja-Cheol Koo dabei sein wird, ist noch unsicher. Bei dem Koreaner wurde eine Fleischwun­de am linken Sprunggele­nk in der Halbzeit genäht.

Aber egal ob mit oder ohne Koo, Hinteregge­r hat nach dem vierten Auswärtspu­nkt ein klares Ziel ausgegeben. „Jetzt wird es Zeit, dass wir daheim wieder gewinnen. Ich denke, dass es gegen Darmstadt ein anderes Spiel wird, da werden wir nicht mauern, sondern auch wieder Fußball spielen.“Die Frage ist nur, ob das Darmstadt auch vorhat.

 ?? Foto: Imago ?? Kurz vor Ende köpfte Leverkusen­s Stefan Kießling gefährlich auf das FCA-Tor. Gegenspiel­er Paul Verhaegh (links) kann nicht mehr eingreifen, Marwin Hitz schon. Mit einer spektakulä­ren Parade sichert er seiner Mannschaft einen Punkt.
Foto: Imago Kurz vor Ende köpfte Leverkusen­s Stefan Kießling gefährlich auf das FCA-Tor. Gegenspiel­er Paul Verhaegh (links) kann nicht mehr eingreifen, Marwin Hitz schon. Mit einer spektakulä­ren Parade sichert er seiner Mannschaft einen Punkt.

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