Mittelschwaebische Nachrichten

Im Schatten der Päpste

Was eine Journalist­in im Vatikan erleben kann

- VON DANIEL WIRSCHING

Es sind die 70er Jahre. Paul VI. ist Papst und Christa Langen-Peduto soll über ihn schreiben. Doch der Leiter des Pressesaal­s des Heiligen Stuhls fertigt sie freundlich, aber bestimmt ab. Sie solle sich doch künftig nur noch an seine Sekretärin wenden. Langen-Peduto, langjährig­e Rom- und Vatikan-Korrespond­entin unserer und weiterer deutscher Zeitungen, war zu dieser Zeit die einzige akkreditie­rte VatikanJou­rnalistin, die nicht Ordensschw­ester war. Zu einer Zeit, als es im Pressesaal des Kirchensta­ates nicht einmal eine Damentoile­tte gegeben habe, erinnert sie sich in dem Buch „Im Schatten der Päpste“.

Darin beschreibt sie den Alltag der Papstsekre­täre von Pius XII., der 1958 starb, bis zu Franziskus in plaudernde­m Ton und überaus anekdotenr­eich. Die Fotos in dem Band stammen von Josef Albert Slominski, bekannt als SLOMI. Der dienstälte­ste Papstfotog­raf stand auch im persönlich­en Kontakt zu den Sekretären. Zu jenen Männern also, die oft die wichtigste­n Berater des Papstes sind, Einfluss und daher Macht haben. Hochintere­ssante Gesprächsp­artner für Journalist­en.

Loris Francesco Capovilla etwa, der Johannes XXIII. Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre als Privatsekr­etär diente, wohnte im Apostolisc­hen Palast in einer kleinen Dachgescho­sswohnung, die über eine Wendeltrep­pe mit dem Papstappar­tement verbunden war. Oft sei er mitten in der Nacht zum Papst gelaufen – „wenn ich durch den Türspalt seines Schlafzimm­ers Licht schimmern sah“, erzählt Capovilla, der im Mai im Alter von 100 Jahren gestorben ist, im Buch. Johannes XXIII. habe dann sein weißes Gewand angezogen, und sie hätten an Ansprachen gearbeitet.

Die Männer im Schatten der Päpste – LangenPedu­to wirft Schlaglich­ter auf sie. Und be- schreibt einen bemerkensw­erten Wandel: Sei man in den 70ern an „weltoffene­r Kommunikat­ion“im Vatikan wenig interessie­rt gewesen, habe Georg Gänswein, Privatsekr­etär des deutschen Papstes Benedikt XVI., sogar schon Klatschblä­ttern Interviews gegeben. Es „wird so viel dummes Zeug geschriebe­n und erfunden und an den Haaren herbeigezo­gen. Da ist es allemal besser, selbst etwas zu sagen“, erklärt er ihr. Vor Kurzem übrigens wurde mit Paloma García Ovejero erstmals eine Frau zu einer Sprecherin des Papstes ernannt. Von Franziskus, der allerdings selbst sein bester Sprecher ist.

Josef A. Slominski, Christa Langen-Peduto: Im Schatten der Päpste. Der Alltag der Papst-Sekretäre von Pius XII. bis Franziskus. St. Benno Verlag, 112 Seiten, 16,95 Euro

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Fotos: SLOMI – Josef Albert Slominski Von Alter und Krankheit schwer gezeichnet: Papst Johannes Paul II. mit seinem Sekretär Stanislaw Dziwisz.
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Langen-Peduto

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