Mittelschwaebische Nachrichten
Im Schatten der Päpste
Was eine Journalistin im Vatikan erleben kann
Es sind die 70er Jahre. Paul VI. ist Papst und Christa Langen-Peduto soll über ihn schreiben. Doch der Leiter des Pressesaals des Heiligen Stuhls fertigt sie freundlich, aber bestimmt ab. Sie solle sich doch künftig nur noch an seine Sekretärin wenden. Langen-Peduto, langjährige Rom- und Vatikan-Korrespondentin unserer und weiterer deutscher Zeitungen, war zu dieser Zeit die einzige akkreditierte VatikanJournalistin, die nicht Ordensschwester war. Zu einer Zeit, als es im Pressesaal des Kirchenstaates nicht einmal eine Damentoilette gegeben habe, erinnert sie sich in dem Buch „Im Schatten der Päpste“.
Darin beschreibt sie den Alltag der Papstsekretäre von Pius XII., der 1958 starb, bis zu Franziskus in plauderndem Ton und überaus anekdotenreich. Die Fotos in dem Band stammen von Josef Albert Slominski, bekannt als SLOMI. Der dienstälteste Papstfotograf stand auch im persönlichen Kontakt zu den Sekretären. Zu jenen Männern also, die oft die wichtigsten Berater des Papstes sind, Einfluss und daher Macht haben. Hochinteressante Gesprächspartner für Journalisten.
Loris Francesco Capovilla etwa, der Johannes XXIII. Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre als Privatsekretär diente, wohnte im Apostolischen Palast in einer kleinen Dachgeschosswohnung, die über eine Wendeltreppe mit dem Papstappartement verbunden war. Oft sei er mitten in der Nacht zum Papst gelaufen – „wenn ich durch den Türspalt seines Schlafzimmers Licht schimmern sah“, erzählt Capovilla, der im Mai im Alter von 100 Jahren gestorben ist, im Buch. Johannes XXIII. habe dann sein weißes Gewand angezogen, und sie hätten an Ansprachen gearbeitet.
Die Männer im Schatten der Päpste – LangenPeduto wirft Schlaglichter auf sie. Und be- schreibt einen bemerkenswerten Wandel: Sei man in den 70ern an „weltoffener Kommunikation“im Vatikan wenig interessiert gewesen, habe Georg Gänswein, Privatsekretär des deutschen Papstes Benedikt XVI., sogar schon Klatschblättern Interviews gegeben. Es „wird so viel dummes Zeug geschrieben und erfunden und an den Haaren herbeigezogen. Da ist es allemal besser, selbst etwas zu sagen“, erklärt er ihr. Vor Kurzem übrigens wurde mit Paloma García Ovejero erstmals eine Frau zu einer Sprecherin des Papstes ernannt. Von Franziskus, der allerdings selbst sein bester Sprecher ist.
Josef A. Slominski, Christa Langen-Peduto: Im Schatten der Päpste. Der Alltag der Papst-Sekretäre von Pius XII. bis Franziskus. St. Benno Verlag, 112 Seiten, 16,95 Euro