Mittelschwaebische Nachrichten
Immer mehr Rentr haben einen Job
Gerade auch in Bayern steigt die Zahl der Senioren, die eizahlten Tätigkeit nachgehen. Ist es wirklich immer die finanzielle Not, die dazu zwingt? Warum Experten damit rechne s in Zukunft immer mehr Ältere arbeiten müssen
Augsburg Die Rente reicht einfach nicht – diesen Satz hört Bettina Schubarth oft. Nach Einschätzung der Sprecherin des Sozialverbands VdK Bayern, der rund 650 000 Mitglieder zählt, kämpfen vor allem Frauen mit zu niedrigen Renten, „leider holen die Männer bei dem Thema aber auf“. Fest steht: Immer mehr Deutsche arbeiten auch nach ihrem 65. Lebensjahr. Das belegen Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, kurz GDV. Demnach hatten 2015 etwa 665 000 von rund vier Millionen 65- bis 70-Jährigen noch einen Job. Das seien 300000 mehr als noch im Jahr 2000. Damit hat sich der Anteil der Beschäftigten in dieser Altersgruppe von acht auf 16,6 Prozent mehr als verdoppelt.
Und der GDV gibt auch gleich die Begründung für die steigende Erwerbstätigkeit der Rentner an: „Für die meisten arbeitenden Rentner ist das Geld weniger wichtig. Spaß an der Arbeit und menschliche Kontakte stehen im Vordergrund.“Auch Heribert Engstler vom Deutschen Zentrum für Altersfragen betont, dass es viele Gründe gibt, warum immer mehr Rentner einen Job haben. Finanzielle Überlegungen sollte man dabei nicht abtun. In Umfragen zeigt sich nach Angaben von Engstler, dass das Geld vermehrt als Motiv angegeben wird. Der Spaß an der Arbeit und der Kontakt zu anderen Menschen spiele aber auch eine große Rolle. Nach Ansicht von Engstler wachse auch der Wunsch, weiter eine Aufgabe zu haben. Der Soziologe beobachtet eine veränderte Vorstellung vom Alter: „Der Ruhestand ist heute eine lange Phase.“Die Menschen sind im Schnitt gesünder, wenn sie in Rente gehen, höher gebildet und anders orientiert: „Die Vorstellung, dass ich in den wohlverdienten Ruhestand gehe, in dem ich nichts mehr zu tun habe, hat sich hin zu einem aktiven Altern verändert.“Auch darf nach Meinung von Engstler nicht vergessen werden: „Arbeiten im Ruhestand ist nicht vergleichbar mit dem Arbeiten vorher.“Die überwiegende Zahl der Rentner ist in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt. Die Arbeit ist damit nur ein Aspekt von mehreren im Leben. Engstler ist aber auch überzeugt davon: Die Zahl der arbeitenden Rentner wird weiter steigen. Und es werde verstärkt aus finanzieller Notwendigkeit sein. Schließlich hätten gerade Neurentner weniger Geld zur Verfügung.
Das Absinken des Rentenniveaus in den vergangenen Jahren sieht auch Bettina Schubarth vom VdK Bayern kritisch. Sie spricht von ei- ner „Spaltung“bei den Rentne „und die Unterschiede wer spürbarer“. Erwin Helmer wa sogar vor einer „Zeitbombe“. Sprecher der Betriebsseelsorge Bayern befürchtet, dass künf noch viel mehr Rentner im Al arm sein werden. Als Gründe ne der Präses der Katholischen Arb nehmer-Bewegung (KAB) die Z nahme der prekären Beschäftigu die er auch in Bayern mit gro
„Doch gilt es, im Alter nic können, sondern so viel G haben, dass ein Mindestma Teilhabe möglich ist.“
Sorge beobachtet. Also Leiharb befristete Verträge, Werksvertr und das Arbeiten im Niedriglo sektor. Die Entwicklung, dass i mer mehr Rentner arbeiten, sieh daher skeptisch. Denn die deutl steigende Zahl zeigt für ihn, dass vor allem auch finanzielle Grü sind, die Ältere einen Job ergrei lassen. Als besonders besorgniser gend empfindet Helmer die Tat che, dass Menschen, die bereits 50 plus ihre Arbeit verlieren, ka wieder auskömmlich bezahlte V zeitstellen erhalten. „Diese M schen stecken oft in einem Teufe
is aus befristeten und schlecht ahlten Jobs, die eine ausreichenRente nicht mehr ermöglichen.“ch in der Region hätten viele Äle ihren Arbeitsplatz verloren. Als spiele nennt Helmer die Untermen Manroland und Weltbild. Von Altersarmut erheblich stärbetroffen sind seiner Meinung h Frauen. Sie verdienen nicht im Schnitt oft weniger, sie arten auch öfter in ilzeit oder Minijobs, was sich in nten auswirkt, die kaum zum Lereichten. Der Mindestlohn ist ner Ansicht nach zwar ein überiger Schritt gewesen. „Doch gilt im Alter nicht nur überleben zu nnen, sondern so viel Geld zur rfügung zu haben, dass ein Mintmaß an gesellschaftlicher Teile möglich ist.“Das aber ist seiBeobachtung nach immer öfter ht der Fall. „Wer zum Beispiel Leben lang zum gesetzlichen ndestlohn von 8,84 Euro Stunlohn arbeitet, erwirbt einen ntenanspruch weit unter der Grundsicherung im Alter“, erklärt Helmer. Laut Bundesarbeitsministerium wären etwa 11,50 Euro Stundenlohn nötig, „um sich wenigstens den Gang zum Sozialamt zu sparen. Die Rente läge dann bei 800 Euro“.
Auch Bettina Schubarth vom VdK spricht vom „Extrageld“, das immer mehr Senioren motiviert, arbeiten zu gehen. Ihnen genüge die Rente zwar zur Existenzsicherung, „aber wenn es darum geht, mal Kaffee trinken zu gehen oder Eintritt zu bezahlen, reicht das Budget eben nicht“. Nicht wenige gehen laut Schubarth auch in Rente und müssten beispielsweise noch ein Darlehen abbezahlen – für das die Rente dann zu knapp ist.
Wie Betriebsseelsorger Helmer verfolgt auch Schubarth die Entwicklung am Arbeitsmarkt mit großer Sorge: Menschen, die mit 50 plus ihre Stelle verlieren, haben auch ihrer Meinung nach kaum Chancen am Arbeitsmarkt. „Die Arbeitsmarktpolitik hat diese Altersgruppe abgeschrieben. Ich sehe hier keine Anstrengungen. Diese Menschen benötigen natürlich auch viel mehr Beratung.“Wer mit 60 plus noch dringend einen Job braucht, schlägt sich nach Schubarths Einschätzung oft nur noch so durch. Geht es nach ihr, müssten die Unternehmer, die nach Fachkräften rufen, viel mehr in den Betrieben präventiv tun, damit die Arbeitskraft länger erhalten bleibt.
Rund 82500 Menschen über 50 waren im August in Bayern ohne Arbeit. Damit ist die Zahl der älteren Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,1 Prozent zurückgegangen. „Und die Zahl der Arbeitslosen über 50 Jahren ist stärker als die Zahl aller Arbeitslosen im Freistaat gesunken“, betont Markus Schmitz. Der Chef der Regionaldirektion Bayern der Bundesarbeitsagentur macht aber deutlich, dass er hier mit Angeboten zur Weiterqualifizierung eine wichtige Aufgabe für die Arbeitsagenturen sieht. „Auf der anderen Seite sind aber auch Arbeitgeber aufgerufen, das Potenzial, das erfahrene Mitarbeiter mitbringen, zu erkennen und zu nutzen“, sagt Schmitz. Bei der Einstellung können die Arbeitsagenturen beispielsweise mit Eingliederungszuschüssen unterstützen. „Dazu ist es wichtig, dass wir den älteren Mitarbeitern auch in der Beschäftigung mit Qualifizierungsprogrammen wie WeGebAU ermöglichen, auf dem neuesten Stand zu bleiben.“
Doch die größten Verlierer sind nach Ansicht von Schubarth vom VdK Bayern diejenigen, die es gar nicht schaffen, länger zu arbeiten, sondern frühzeitig krank werden: „Die Erwerbsminderungsrente ist ein großes Armutsrisiko.“
berleben zu Verfügung zu sellschaftlicher