Mittelschwaebische Nachrichten
Schusters Blick in die Vergangenheit
Mit Darmstadt 98 hat der Trainer des FC Augsburg für Aufsehen gesorgt und überraschend die Klasse gehalten. Gegen seinen Ex-Verein könnte es emotional werden
Augsburg Für Dirk Schuster wäre es ein Leichtes, die Fragen zu seiner Vergangenheit abzublocken. Er könnte sich darauf berufen, jetzt Trainer des FC Augsburg zu sein. Könnte erklären, er äußere sich bereitwillig, aber bitte nur zu sportlichen Themen seines jetzigen Vereins. Macht Schuster aber nicht. Dafür hat er mit Augsburgs Gegner, dem SV Darmstadt 98, zu viel erlebt. Dafür nimmt der Verein bei ihm noch einen zu hohen Stellenwert ein. „Ich gucke natürlich mit mehr als einem halben Auge nach Darmstadt“, gesteht Schuster. Er verfolge weiter, was er aufgebaut habe.
Der 48-Jährige hatte die Darmstädter als Tabellenletzter der dritten Liga übernommen, ehe er mit dem traditionsreichen Klub und dessen Fußballern eine beeindruckende Erfolgsgeschichte schrieb. Sie gipfelte im Mai im Erhalt der Erstklassigkeit, den kaum einer den „Lilien“zugetraut hatte. Schuster selbst profitierte vom Überraschungserfolg seiner Mannschaft, wurde vom Kicker zum „Trainer des Jahres“gekürt. Weil er aus wenig Großartiges erschuf, weckte der beharrliche Arbeiter Begehrlichkeiten anderer Klubs. Als der FC Augsburg einen Weinzierl-Nachfolger suchte, fiel die Wahl auf den hemdsärmeligen Schuster.
Dieser müht sich vor der Begegnung um Sachlichkeit, wohl wissend, dass es am heutigen Samstag (15.30 Uhr) ziemlich emotional werden könnte. Schuster verheimlicht nicht, Sympathien für seinen ehemaligen Verein zu hegen, er verweist auf die erfolgreiche Zeit, auf Freunde und Bekannte in seinem Ex-Verein. „Die Menschen, die gemeinsam mit mir diesen Weg bestritten haben, sind mir ans Herz gewachsen.“
Ob es eine außergewöhnliche Bundesligabegegnung für ihn sei, umschifft er spitzfindig. „Ich würde nicht sagen, dass es ein besonderes Spiel ist. Es ist ein Spiel mit besonderen Reizen“, betont Schuster. Er bleibt vage, sagt kryptisch, es könnte zu „bestimmten Situationen“kommen. Was er unumwunden einräumt: Gegen Darmstadt zu spielen, sei für ihn „gewöhnungsbedürftig“.
Freunde des gepflegten Kurzpas- ses könnten in der WWK-Arena fehl am Platze sein, wer hingegen erdigen Fußball und kernige Zweikämpfe bevorzugt, könnte Gefallen finden. Beide Mannschaften stehen nicht im Verdacht, spielerisch zu glänzen. Vielmehr verfolgen sie eine defensive Taktik, die auf Ordnung und dem Verhindern von Gegentreffern beruht. Mitunter kann das ziemlich bieder anmuten.
FCA-Trainer Schuster erwartet die Darmstädter mit Herz, Leidenschaft und Mentalität. Gleiches fordert er von seinen Profis. Dass die Zuschauer darüber hinaus ein Of- fensivspektakel sehen wollen, kann er nachvollziehen. Dass Pfiffe auf Rückpässe folgen ebenso. Nur, fügt Schuster hinzu: „Wir sind verpflichtet, Ziele zu erreichen.“Und, schiebt er hinterher, er stehe nun mal für einen „gewissen Fußball“. Heißt: Um Erfolg zu haben, ist Schuster jedes Mittel recht.
Da jedoch eine der beiden Mannschaften notgedrungen in Ballbesitz sein wird, wird Verteidigen allein nicht genügen. FCA-Mittelfeldspieler Gojko Kacar, der wohl erneut den Part des verletzten Dominik Kohr übernehmen wird, rechnet mit einem tief stehenden Gegner. Die Partie könnte zäh werden. Kacar kennt die Anforderungen. „Wir müssen geduldig bleiben und den Ball zirkulieren lassen.“
Musste Augsburg initiativ werden, fehlten zuletzt Ideen und Lösungen. Schuster fasst zusammen, man habe sich schwergetan, hochkarätige Chancen zu erarbeiten. Sein Ansatz: Personal austauschen. Plastisch beschreibt er: „Wir wollen der Mannschaft offensive Qualität einpflanzen.“Von den Gartenarbeiten profitieren könnten Raúl Bobadilla und Jonathan Schmid.