Mittelschwaebische Nachrichten
Zwei Zauberwörter
Unser Volk schluckt viel zu viele Beruhigungspillen. Es hat vergessen, dass man Besänftigung auch mit der richtigen Wortwahl erzielen kann.
Zu den sprachlichen Zaubermitteln gehört das Wörtchen „gleich“. Wer auf die Forderung seines Chefs oder Ehepartners nach sofortiger Erledigung einer dringenden Angelegenheit mit der Verheißung „Ja, gleich!“reagiert, erzielt erstaunliche Erfolge. Der Ruhestörer wirkt augenblicklich eingeschläfert und manchmal vergisst er wie in Trance sogar sein Anliegen.
Allerdings ist es ein Kennzeichen aller Besänftigungsmittel, dass sie nicht missbräuchlich und überdosiert verabreicht werden dürfen. Wer seiner Umwelt mit der Wortdroge „Ja, gleich!“oder „Ja, sofort!“ständig Beruhigungspillen verordnet, muss mit Rückschlägen rechnen. Mancher Vertröstete rastet aus, verkörpert plötzlich das Erscheinungsbild des übermäßig Gedopten und vermittelt eine Vorstellung von den dunklen Seiten des Drogenkonsums.
Aber bei dosierter Anwendung ist die Zauberei mit der „Jagleich!“-Floskel sehr zu empfehlen. In manchen Fällen kann sie sogar die Welt vor Mord und Totschlag bewahren. Das beweist Giacomo Meyerbeer in seiner Oper „Die Hugenotten“. Dort gibt der Graf von Saint-Bris den Befehl „Greifet schnell zu den Waffen!“. Aber die aufgeforderten Kämpfer entschärfen die Lage augenblicklich mit dem besänftigenden Zauberwort „Ja, gleich!“.