Mittelschwaebische Nachrichten

Türsteher landet auf der Anklageban­k

Aggressive­n Gast in den Schwitzkas­ten genommen

- VON CHRISTIAN GALL

Wertachtal Wochenende für Wochenende pilgern die Jugendlich­en aus dem Wertachtal in Scharen ins nahegelege­ne P.M. nach Untermeiti­ngen. Die Großraumdi­sko ist Anziehungs­punkt für Feiernde aus mehreren Landkreise­n. Schlägerei­en kommen im Umfeld der Disko immer wieder vor. Doch diesmal muss sich nicht etwa ein Gast, sondern ein Türsteher, vor Gericht verantwort­en. Der Vorwurf eines Besuchers: Der Security-Mitarbeite­r habe ihn im Schwitzkas­ten gehalten, während ein Unbekannte­r ihn bis zur Bewusstlos­igkeit gewürgt habe.

Der Vorfall ereignete sich im vergangene­n November. Zwei Männer betraten die Disko, obwohl sie dort Hausverbot hatten. Die Türsteher bemerkten das und forderten sie auf, das Gebäude zu verlassen. Vor der Tür gerieten die Männer, unter ihnen der Kläger, in einen Streit. Es kam zu Geschubse und Schlägen. Drei Türsteher gingen dazwischen, mit dabei war der Angeklagte. Dieser erklärte in der Verhandlun­g, was er damals tat: „Ich habe einen der Männer von hinten gepackt, ihn auf den Boden gesetzt und festgehalt­en. Das war notwendig, denn gerade hatte er zum Schlag ausgeholt.“

Doch in diesem Moment mischte sich ein weiterer Mann ein, wie zwei Zeugen vor Gericht aussagen. Ein Unbekannte­r sei dem 35-Jährigen im Haltegriff an den Hals gegangen und habe ihn gewürgt. Der Geschädigt­e wurde ohnmächtig, bis zum Eintreffen des Krankenwag­ens rund 15 Minuten später wachte er auch nicht mehr auf.

Eine Überwachun­gskamera der Disko hat den Vorfall gefilmt, allerdings aus einer ungünstige­n Perspektiv­e. Auf dem Video ist zu sehen, wie sich die Schlägerei anbahnt. Von dem Haltegriff und dem Würgen ist nichts zu erkennen – zu viele Menschen verdeckten die Sicht.

Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe: „Ich habe den Mann gehalten. Aber da war niemand, der ihn gewürgt hat. Das hätte ich doch gesehen.“Außerdem sagt er, dass es in der Situation unmöglich gewesen sei, den Geschädigt­en zu würgen. Denn laut Angeklagte­m lag sein eigener Arm vor dem Oberkörper und Hals des Opfers – dadurch hätte keiner zugreifen können. Zudem schildert er, dass seinen Kollegen und ihm aufgefalle­n sei, dass der Geschädigt­e in der Ohnmacht Auffälligk­eiten gezeigt hatte: „Der Mann war vollkommen steif, seine Augen waren so stark zugekniffe­n, dass wir nicht einmal die Pupillen kontrollie­ren konnten.“Richter Alexander Müller hält die Zeugen aber für glaubwürdi­g: „Ich glaube, dass an der Sache irgendetwa­s nicht stimmt. Der Angeklagte war zwar nicht selbst der Aggressor. Anscheinen­d hat er in der Situation aber nicht verhindert, dass der Mann gewürgt wurde.“Letztendli­ch verzichtet­e das Gericht, nach Absprache von Rechtsanwä­ltin und Verteidige­rin, auf die weitere Verfolgung des Falls. Als Auflage dazu muss der Angeklagte allerdings 500 Euro an eine gemeinnütz­ige Einrichtun­g zahlen. In seinem Fall an den Verein der Klinikclow­ns, der Kinder in Krankenhäu­sern begleitet.

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Foto: Kaya Die Arbeit von Türstehern ist nicht einfach. Einer von ihnen musste sich vor Gericht verantwort­en, weil er einen Gast in den Schwitzkas­ten nahm.

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