Mittelschwaebische Nachrichten
Türsteher landet auf der Anklagebank
Aggressiven Gast in den Schwitzkasten genommen
Wertachtal Wochenende für Wochenende pilgern die Jugendlichen aus dem Wertachtal in Scharen ins nahegelegene P.M. nach Untermeitingen. Die Großraumdisko ist Anziehungspunkt für Feiernde aus mehreren Landkreisen. Schlägereien kommen im Umfeld der Disko immer wieder vor. Doch diesmal muss sich nicht etwa ein Gast, sondern ein Türsteher, vor Gericht verantworten. Der Vorwurf eines Besuchers: Der Security-Mitarbeiter habe ihn im Schwitzkasten gehalten, während ein Unbekannter ihn bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt habe.
Der Vorfall ereignete sich im vergangenen November. Zwei Männer betraten die Disko, obwohl sie dort Hausverbot hatten. Die Türsteher bemerkten das und forderten sie auf, das Gebäude zu verlassen. Vor der Tür gerieten die Männer, unter ihnen der Kläger, in einen Streit. Es kam zu Geschubse und Schlägen. Drei Türsteher gingen dazwischen, mit dabei war der Angeklagte. Dieser erklärte in der Verhandlung, was er damals tat: „Ich habe einen der Männer von hinten gepackt, ihn auf den Boden gesetzt und festgehalten. Das war notwendig, denn gerade hatte er zum Schlag ausgeholt.“
Doch in diesem Moment mischte sich ein weiterer Mann ein, wie zwei Zeugen vor Gericht aussagen. Ein Unbekannter sei dem 35-Jährigen im Haltegriff an den Hals gegangen und habe ihn gewürgt. Der Geschädigte wurde ohnmächtig, bis zum Eintreffen des Krankenwagens rund 15 Minuten später wachte er auch nicht mehr auf.
Eine Überwachungskamera der Disko hat den Vorfall gefilmt, allerdings aus einer ungünstigen Perspektive. Auf dem Video ist zu sehen, wie sich die Schlägerei anbahnt. Von dem Haltegriff und dem Würgen ist nichts zu erkennen – zu viele Menschen verdeckten die Sicht.
Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe: „Ich habe den Mann gehalten. Aber da war niemand, der ihn gewürgt hat. Das hätte ich doch gesehen.“Außerdem sagt er, dass es in der Situation unmöglich gewesen sei, den Geschädigten zu würgen. Denn laut Angeklagtem lag sein eigener Arm vor dem Oberkörper und Hals des Opfers – dadurch hätte keiner zugreifen können. Zudem schildert er, dass seinen Kollegen und ihm aufgefallen sei, dass der Geschädigte in der Ohnmacht Auffälligkeiten gezeigt hatte: „Der Mann war vollkommen steif, seine Augen waren so stark zugekniffen, dass wir nicht einmal die Pupillen kontrollieren konnten.“Richter Alexander Müller hält die Zeugen aber für glaubwürdig: „Ich glaube, dass an der Sache irgendetwas nicht stimmt. Der Angeklagte war zwar nicht selbst der Aggressor. Anscheinend hat er in der Situation aber nicht verhindert, dass der Mann gewürgt wurde.“Letztendlich verzichtete das Gericht, nach Absprache von Rechtsanwältin und Verteidigerin, auf die weitere Verfolgung des Falls. Als Auflage dazu muss der Angeklagte allerdings 500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. In seinem Fall an den Verein der Klinikclowns, der Kinder in Krankenhäusern begleitet.