Mittelschwaebische Nachrichten
Ganz schön schmuck
Mitten in Schwaben, nämlich in Derndorf, fertigt Dieter Frick original altbayerischen Trachtenschmuck. Der schmückt Frauen und Männer – und ist mehr als Kropfband und Charivari
Derndorf Als am ersten Wiesn-Sonntag die Trachten- und Schützenvereine durch München zur Theresienwiese gezogen sind, dürfte auch das Unterallgäu vertreten gewesen sein – und zwar in Form handgefertigten altbayerischen Trachtenschmucks von Dieter Frick aus Derndorf. Denn wer glaubt, mit Dirndl, Schürze, Schuhen, vielleicht noch einem Schultertuch und einem Hut sei die fesche Tracht komplett, irrt: Damit sie wirklich schmuck ist, verlangen sowohl die Kleidung, als auch deren Trägerin nach Schmuck.
Dass den ausgerechnet ein Schwabe herstellt, der damit vor allem den Fachhandel sowie Trachtenvereine im Chiemgau, im Berchtesgadener Land und im Raum München beliefert, hat mit Dieter Fricks Ausbildung zu tun. Die hatte er vor 56 Jahren in der ehemaligen Schmuckfabrik in Mindelheim absolviert, die wie berichtet, nicht nur auf Rosenkränze und Devotionalien für Pilger spezialisiert war, sondern eben auch auf altbayerischen Trachtenschmuck. Der hat Dieter Frick auch nicht losgelassen, als er sich später in Mindelheim selbstständig gemacht hat, und auch nicht, als er sich im Ruhestand eine Werkstatt in Derndorf einrichtete. „Die Arbeit ist ein Spiel. Ich mach das aus Spaß an der Freude“, sagt der 70-Jährige.
Fünf bis sechs Stunden ist er täglich in seiner Werkstatt zugange – „je nach Wetterlage“, wie er grinsend sagt. Da fertigt er dann zum Beispiel eine filigrane, mit Granaten besetzte goldene Haarspange, die sogenannte Chiemgau-Spange. Sie hält die aufwendige Flechtfrisur zusammen, die dort zur Tracht einfach dazugehört. Daneben umfasst das Sortiment Haarnadeln und -pfeile, silberne, üppig verzierte Knöpfe, Ohrringe, Kropfketten, Broschen und natürlich auch das „G’schnür“: Das setzt sich zusammen aus den aufwendig gearbeiteten Miederha- ken am Dirndl-Oberteil, einer Kette für die Schnürung, die das Ganze zusammenhält und meist noch einem Miederstecker, dem dekorativen „Verschluss“der Schnürung.
Je nach Modell ist der Goldschmied um die dreieinhalb Stunden mit so einem Stecker beschäftigt. „Ich mache das ja in Serie, dann geht das schon.“Aufwändig ist die Arbeit trotzdem und man braucht Erfahrung dafür: Viele der Techniken, die er für seinen Schmuck braucht, lernen heutige Goldschmiede gar nicht mehr. Entsprechend schwer könnte es werden, einen Nachfolger zu finden „Und so lange der nicht gefunden ist, mache ich weiter“, sagt Frick und betont: „Es ist keine fremde Hand an diesem Schmuck. Das stammt alles aus meiner Werkstatt.“So wie die gefassten Münzen und Anhänger – kleine Trauben, Eicheln oder auch Pferde zum Beispiel – die man an die Miederkette hängen kann und die gleichzeitig als Glücksbringer dienen.
Neben einer so geschmückten Frau will natürlich auch ihr Begleiter nicht schmucklos wirken: Ein Charivari (gesprochen: Schariwari) ist da das Mindeste. Die Kette, an der je nach Geschmack des Trägers Münzen, Hornscheiben, Tierpfoten und -zähne sowie die verschiedensten Anhänger baumeln, wird vor dem Hosentürl der Lederhose getragen. Außerdem gibt es spezielle Burschenbroschen für die Krawatte, Westen- und Uhrketten sowie eine Art Gürtel, den sogenannten Ranzen, den Dieter Frick allerdings nicht fertigt und der sich bei denen am besten macht, die nicht ohnehin schon ständig einen mit sich herumtragen – findet seine Frau Anneliese.
Zum Beweis blättert sie in einem Trachten-Bildband und hält nach wenigen Seiten überrascht inne: „Da“, sagt sie und tippt mit dem Finger auf eine Kropfbandschließe, „die ist von uns. Das seh ich sofort.“Während die Münchnerin schon immer ein Faible für die Tracht hatte, trägt ihr Mann sie vor allem beruflich auf Messen und Märkten. Die besucht er das ganze Jahr über. Dass sich die Nachfrage zum Oktoberfest hin steigert, hat er bislang noch nicht festgestellt. Vielleicht, weil – vom Trachtenumzug einmal abgesehen – die wenigsten der Trachten, die dort zu sehen sind, so traditionell sind wie der zugehörige Schmuck.