Mittelschwaebische Nachrichten
Ein Fingerzeig mit Folgen
DFB ermittelt gegen Bayern-Trainer Ancelotti wegen dessen abfälliger Geste
München Carlo Ancelotti droht wegen seiner Unbeherrschtheit nach dem denkwürdigen XXL-Spiel von Berlin eine Geldstrafe. Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes forderte den Trainer des FC Bayern nach seiner Mittelfinger-Geste zwei Tage zuvor im Anschluss an das turbulente 1:1 der Münchner bei Hertha BSC zu einer Stellungnahme auf. Ancelotti kommt der Aufforderung des DFBKontrollauschusses „selbstverständlich“nach, wie sein Club mitteilte.
Den Fingerzeig mit Folgen hatte der Italiener nach dem Remis noch im Olympiastadion schon so erklärt: „Ich habe diese Geste gemacht, ich bin vorher angespuckt worden.“Ancelotti hatte die obszöne Geste, eingefangen von einer Fernsehkamera, auf dem Weg in die Katakomben gezeigt. Darf sich ein hochdekorierter Welttrainer nach einem nervenaufreibenden Match dazu hinreißen lassen? Oder muss er sich als Fußball-Vorbild auch Bespucken klaglos gefallen lassen? Der DFB wird nun zumindest beantworten, ob und wie er dieses Verhalten sanktioniert. Ein Sportgerichtsverfahren erscheint eher unwahrscheinlich. Gut möglich wäre die Einstellung gegen eine Geldstrafe. In der 2. Bundesliga musste der frühere Coach von Union Berlin, Norbert Düwel, im Dezember 2014 3500 Euro Strafe wegen einer ähnlichen Geste zahlen.
Der sonst so ruhige, so coole Ancelotti war am Samstag gereizt – was Bundesliga-Kollegen verstehen. „Ich würde nicht den Stab über ihn brechen wollen“, sagte Hans-Joachim Watzke, Clubchef von Liga-Rivale Dortmund. „Man sollte es idealerweise nicht machen. Aber es gibt Situationen, da hast du einfach die Schnauze mal voll“, sagte der BVB-Macher im ZDF nach dem Fingerzeig mit Folgen. „Ich kann Ancelotti gut verstehen, das ist absolut respektloses Verhalten. Da ist die Hemmschwelle deutlich überschritten worden“, sagte Gladbachs Trainer Dieter Hecking. „Das ist auch ein gesellschaftliches Problem.“„Man muss viel Verbales über sich ergehen lassen. In der Emotion eine Reaktion zu zeigen, ist menschlich“, sagte Augsburgs Trainer Manuel Baum in Sport1.
Härter als Düwel traf es einst Trainer-Gentleman Ottmar Hitzfeld, der 2012 im WM-Qualifikationsspiel der Schweiz gegen Norwegen (1:1) die Contenance verlor. Als Coach der Schweizer zeigte er den Mittelfinger in Richtung des Schiedsrichters. Hitzfeld wurde für zwei Spiele gesperrt und bekam eine Geldstrafe von 7000 Schweizer Franken aufgebrummt. (dpa) zahllosen Dopingfälle der vergangenen Jahre konnten der Beliebtheit der Skijäger nicht schaden. Praktischerweise hat es bisher (fast) immer die anderen erwischt. Der Fall Evi Sachenbacher-Stehle, die in Sotschi positiv getestet wurde, war auf einen verunreinigten Tee zurückzuführen.
Fast exakt gegensätzlich zum Biathlon ist die Lage bei den Alpinen. Dort fehlt ein vergleichbarer Hoffnungsträger, wie die WM in St. Moritz gezeigt hat. Felix Neureuther holte im Herbst seiner Karriere die einzige Medaille für das deutsche Team. Vor allem bei den Frauen sieht es düster aus. Misserfolg aber macht unsexy. Die Einschaltquoten als Indikator für die Beliebtheit waren mies. Nur der charismatische Neureuther konnte die Zahlen zum Abschluss noch etwas nach oben treiben.
Der 32-Jährige gibt momentan in der öffentlichen Wahrnehmung den Alleinunterhalter der Alpinen. Selbst bei unseren skiverrückten Nachbarn Österreich und Schweiz rangiert er in der Beliebtheit ganz vorne. Vor dem Traditionsrennen in Kitzbühel wurde er als „unser Lieblingsdeutscher“vom Stadionsprecher begrüßt. Die Karriere Neureuthers neigt sich aber dem Ende entgegen. Sein Abschied (vermutlich nach den Winterspielen 2018) wird nicht nur sportlich ein Verlust sein. Biathlon aber hat gezeigt, dass niemand unersetzlich ist. Als Neuner aufhörte, war das Gejammer groß. Und jetzt? Jetzt ist Dahlmeier da.