Mittelschwaebische Nachrichten
Das Messer blieb im Unterarm des Opfers stecken
37-Jähriger ist wegen versuchten Mordes angeklagt. Dem Gericht fehlt der wichtigste Zeuge
Günzburg/Memmingen Das, was sich am 10. November des vergangenen Jahres in einem Günzburger Asylbewerberheim zugetragen hat, wird heute vor dem Landgericht Memmingen verhandelt. Verantworten muss sich ein 37 Jahre alter Mann, dem der Staatsanwalt versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vorwirft.
Der Angeklagte stammt aus Eritrea und ist italienischer Staatsbürger. Er hörte von Verwandten, die als Asylbewerber nach Deutschland gekommen sind. Vor seiner Tat hielt sich der Italiener, nach Auskunft von Landgerichtspräsident Manfred Mürbe, etwa zwei Jahre in Deutschland auf. An jenem ver- hängnisvollen 10. November besuchte er einen entfernt Verwandten in der Günzburger Asylunterkunft. Gegen 2 Uhr morgens, als das Opfer in der Gemeinschaftsküche etwas kochte und rauchte, attackierte der 37-Jährige laut Anklageschrift den anderen. Er packte den Mann von hinten und schnitt ihn mit einer zehn Zentimeter langen Klinge in den Hals. Damit nicht genug: Der mutmaßliche Täter stach das Opfer in den Bauch und in den Unterarm. Der Stoß war so heftig, dass das insgesamt 21,5 Zentimeter lange Messer im Unterarm stecken blieb. Ver- mutlich rettete dieser Umstand das Leben des Mannes. Als der Angreifer den Verletzten am Hals packte, kamen Mitbewohner – aufgeschreckt durch den Lärm in der Küche – dazu und hielten den 37-Jährigen von weiteren Attacken ab. Der Mann flüchtete, Bewohner des Hauses verfolgten ihn. Am Günzburger Bahnhofsvorplatz nahm die Polizei ihn fest. In einer Notoperation konnte das Leben des Opfers gerettet werden, dem durch die Bauchverletzung bereits Därme herausgequollen waren.
Der Prozess vor dem Schwurgericht ist zunächst auf zwei Verhandlungstage angesetzt. Es ist aber durchaus möglich, dass dies nicht ausreicht. Denn neben drei Sachverständigen sind auch zehn Zeugen geladen – und häufig werden die Dienste von Dolmetschern benötigt.
Die Version des Angeklagten ist, dass der Geschädigte zum Messer gegriffen habe, um ihn anzugreifen. Er sei ihm aber zuvorgekommen.
Problematisch dürfte sich für den Prozess die Tatsache erweisen, dass der wichtigste Zeuge momentan nicht zur Verfügung steht. Denn das Tatopfer soll sich derzeit in Frankreich aufhalten und ist nicht greifbar.
Ob der Mann noch auffindbar ist und in Memmingen erscheint oder in Frankreich richterlich vernommen wird, wird sich zeigen. Falls das nicht gelingt, stellt sich die Frage: Reichen die Beweise überhaupt aus, den Angeklagten für die ihm vorgehaltenen Taten zu verurteilen?
Festnahme am Bahnhofsvorplatz