Mittelschwaebische Nachrichten
Sie war die Königin der Wiesn
Die Zahl ihrer Dirndl bleibt Gabriele Weishäupls Geheimnis. Aber es sind einige, denn sie hat 25 Jahre lang die Wiesn geleitet. Und verhalf der Tracht zu einem Comeback
Ab ins Museum hat Gabriele Weishäupl ihre Einladung zum 70. Geburtstag überschrieben. Die Ankündigung der langjährigen Leiterin des Oktoberfestes stimmt fast: Zumindest ihr in den Münchner Stadtfarben Schwarz und Gelb gehaltenes Dirndl soll von 2018 an im künftigen Landesmuseum der Bayerischen Geschichte in Regensburg zu sehen sein. Das nunmehr schon historische Stück aus den 1980er Jahren stehe für den Beginn der Modeerscheinung, auf dem Oktoberfest und auch anderswo in Tracht – oder was man dafür halte – zu erscheinen, erläuterte Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte.
Die frühere Wiesn-Chefin habe maßgeblich zur Renaissance der Tracht beigetragen haben. Denn sie kam konsequent bei ihren Auftritten in aller Welt im damals bei Jugend und Städtern eher verpönten Dirndl. Fürs Museums-Dirndl wird extra nach musealen Standards in Weishäupl-Größe eine Figur passgenau angefertigt, allerdings ohne Kopf. Am Faschingsdienstag feiert Weishäupl ihren Geburtstag: ebenfalls im Museum, dem Oktoberfestmuseum in München. Und voraussichtlich gewandet in das Dirndl, das nächstes Jahr ins Museum soll.
Brauchtum und Tradition sind für Weishäupl weiter ein Rezept für eine erfolgreiche Zukunft des größten Volksfestes der Welt, zu dem 2016 vor allem wegen der Terrorsorgen deutlich weniger Menschen kamen. Als Chefin des Oktoberfestes hatte sich die „Königin der Wiesn“genannte Weishäupl viel für Familienfreundlichkeit und Ökologie eingesetzt. So wird Spülwasser in den Zelten heute beispielsweise teils für die Klospülung „zweitverwertet“. Für die Festzelte verlangte sie niedrigere Dezibel-Werte und traditionellere Musik. Die Wirte muckten auf – und fügten sich schließlich. Jetzt schlägt Weishäupl, die 2011 ihre letzte Wiesn als Chefin erlebte, vor, tagsüber ganz auf Verstärkerleistung zu verzichten. 2013 kandidierte sie für den Landtag – für die FDP. Heute arbeitet sie immer noch als freie Autorin und Dozentin an der Münchner Fachhochschule.
Die promovierte Kommunikationswissenschaftlerin Weishäupl, eine gebürtige Passauerin, hatte sich 1985 bei der Wahl zur TourismusChefin im Stadtrat gegen 40 männliche Mitbewerber durchgesetzt. Sie wurde die erste Frau in einer Spitzenstellung der Stadt München. Anfangs erschien sie zu Terminen artig im Kostüm – bis sie beim Dirigieren der Blaskapellen zum 175. WiesnJubiläum und bei einem Besuch in Japan im echten Dirndl als Attraktion gefeiert wurde. Sie stellte ihre Garderobe um. Das Dirndl wurde Dienstkleidung. Wie viele sie besaß, gab sie in ihrer Amtszeit nie preis. Inzwischen, sagt sie, habe sie viele hergegeben. Denn privat ist die Mutter eines Sohnes gerne auch mal in Jeans unterwegs. Wie viele Dirndl jetzt noch in ihrem Kleiderschrank hängen: bleibt weiter geheim. Sabine Dobel, dpa