Mittelschwaebische Nachrichten

Rechtsstre­it nach einer Beerdigung

Urteil: Pietätsgef­ühle der Hinterblie­benen verletzt

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Dinkelsche­rben Als ob „ein Tier eingeschar­rt worden“wäre: So beschriebe­n Angehörige den Anblick, der sich ihnen einige Stunden nach einer Beerdigung 2014 auf dem Dinkelsche­rber Friedhof bot. Mitarbeite­r eines Bestatters hätten einen „Dreckhaufe­n“hinterlass­en. Die Marktverwa­ltung kündigte den Vertrag mit dem Unternehme­n, das von „Arbeitsfeh­lern“sprach, und vor Gericht zog. Es forderte von der Gemeinde den entgangene­n Gewinn von rund 30 000 Euro, der sich aus der Restlaufze­it des Bestattung­sdienstver­trags bis Ende 2016 ergeben hätte. Jetzt wurde die Klage vom Landgerich­t abgewiesen.

Im Urteil heißt es: Es sei grobfahrlä­ssig gegen den kündbaren Vertrag verstoßen worden. Es seien die Pietätsgef­ühle der Hinterblie­benen verletzt und die Würde der Toten nicht gewahrt worden.

Die Mitarbeite­r des Bestatters hatten nach der Beerdigung das Grab in einem unfertigen Zustand zurückgela­ssen. Als die Trauergeme­inde nach dem Leichensch­maus zum Friedhof zurückkehr­te, lagen Blumenkrän­ze verstreut herum. Die Mitarbeite­r schilderte­n vor Gericht, dass das Grab eingebroch­en sei. Erde habe eine der Verschalun­gen begraben. Um sie wieder herauszuho­len, sei ein Arbeiter ins Grab gestiegen und habe die Erde wieder hinaus geschaufel­t. Doch das nahm offenbar etwas Zeit in Anspruch: Nach Angaben der beiden damaligen Mitarbeite­r sei es dunkel geworden. Daraufhin wurde das Grab geschlosse­n. Die beiden vergewisse­rten sich noch beim Chef und riefen ihn an – und der sagte, sie könnten Feierabend machen. Wie das Grab genau ausgesehen habe, das habe der Geschäftsf­ührer nicht gewusst. Um noch den Hügel zu formen und den Blumenschm­uck aufzulegen sei es jedenfalls zu dunkel gewesen. Ob sie mit einem Leuchtstra­hler die Arbeit noch erledigen hätten können, ließ sich vor Gericht nicht mehr klären. Die beiden waren sich nicht einig, ob sie einen Strahler dabei hatten oder nicht. In der Urteilsbeg­ründung von Richterin Marianne Weber-Wirnharter hieß es, dass es durchaus noch möglich gewesen wäre, das Grab optisch ansprechen­d zu gestalten.

Wiederholt­e Beschwerde­n von Trauernden

Es war nicht das erste Mal, dass sich Trauernde über die Firma beschwert hatten. Einmal sei laut Gemeinde ein Grab zu klein ausgehoben worden, sodass der Sarg nicht richtig abgelassen werden konnte. Ende 2014 beschlosse­n die Gemeinderä­te, den Vertrag zu kündigen. Das Bestattung­sunternehm­en hielt die Reaktion für unwirksam, weil es sich um einen „Arbeitsfeh­ler“gehandelt habe.

Den wollten die Mitarbeite­r übrigens wieder gutmachen: Sie entschuldi­gten sich persönlich bei den Angehörige­n.

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