Mittelschwaebische Nachrichten
Rechtsstreit nach einer Beerdigung
Urteil: Pietätsgefühle der Hinterbliebenen verletzt
Dinkelscherben Als ob „ein Tier eingescharrt worden“wäre: So beschrieben Angehörige den Anblick, der sich ihnen einige Stunden nach einer Beerdigung 2014 auf dem Dinkelscherber Friedhof bot. Mitarbeiter eines Bestatters hätten einen „Dreckhaufen“hinterlassen. Die Marktverwaltung kündigte den Vertrag mit dem Unternehmen, das von „Arbeitsfehlern“sprach, und vor Gericht zog. Es forderte von der Gemeinde den entgangenen Gewinn von rund 30 000 Euro, der sich aus der Restlaufzeit des Bestattungsdienstvertrags bis Ende 2016 ergeben hätte. Jetzt wurde die Klage vom Landgericht abgewiesen.
Im Urteil heißt es: Es sei grobfahrlässig gegen den kündbaren Vertrag verstoßen worden. Es seien die Pietätsgefühle der Hinterbliebenen verletzt und die Würde der Toten nicht gewahrt worden.
Die Mitarbeiter des Bestatters hatten nach der Beerdigung das Grab in einem unfertigen Zustand zurückgelassen. Als die Trauergemeinde nach dem Leichenschmaus zum Friedhof zurückkehrte, lagen Blumenkränze verstreut herum. Die Mitarbeiter schilderten vor Gericht, dass das Grab eingebrochen sei. Erde habe eine der Verschalungen begraben. Um sie wieder herauszuholen, sei ein Arbeiter ins Grab gestiegen und habe die Erde wieder hinaus geschaufelt. Doch das nahm offenbar etwas Zeit in Anspruch: Nach Angaben der beiden damaligen Mitarbeiter sei es dunkel geworden. Daraufhin wurde das Grab geschlossen. Die beiden vergewisserten sich noch beim Chef und riefen ihn an – und der sagte, sie könnten Feierabend machen. Wie das Grab genau ausgesehen habe, das habe der Geschäftsführer nicht gewusst. Um noch den Hügel zu formen und den Blumenschmuck aufzulegen sei es jedenfalls zu dunkel gewesen. Ob sie mit einem Leuchtstrahler die Arbeit noch erledigen hätten können, ließ sich vor Gericht nicht mehr klären. Die beiden waren sich nicht einig, ob sie einen Strahler dabei hatten oder nicht. In der Urteilsbegründung von Richterin Marianne Weber-Wirnharter hieß es, dass es durchaus noch möglich gewesen wäre, das Grab optisch ansprechend zu gestalten.
Wiederholte Beschwerden von Trauernden
Es war nicht das erste Mal, dass sich Trauernde über die Firma beschwert hatten. Einmal sei laut Gemeinde ein Grab zu klein ausgehoben worden, sodass der Sarg nicht richtig abgelassen werden konnte. Ende 2014 beschlossen die Gemeinderäte, den Vertrag zu kündigen. Das Bestattungsunternehmen hielt die Reaktion für unwirksam, weil es sich um einen „Arbeitsfehler“gehandelt habe.
Den wollten die Mitarbeiter übrigens wieder gutmachen: Sie entschuldigten sich persönlich bei den Angehörigen.