Mittelschwaebische Nachrichten
Seehofer wirft Schulz Schummelei vor
Union und SPD starten mit scharfen Angriffen in den Wahlkampf
Passau/Vilshofen Sieben Monate vor der Bundestagswahl schenken sich Union und SPD nichts mehr. Mit heftigen Attacken auf den sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Martin Schulz hat CSU-Chef Horst Seehofer beim Politischen Aschermittwoch den Ton im beginnenden Bundestagswahlkampf verschärft.
Unter anderem warf er dem Herausforderer von Angela Merkel vor, mit falschen Zahlen zu operieren. Wenn das nicht aufhöre, so Seehofer, „dann heißt Martin Schulz nicht mehr Martin Schulz, sondern Martin, der Schummler“. Es gehe nicht an, dass die SPD die Union täglich auffordere, einen fairen Wahlkampf zu bestreiten, „sich selbst aber nicht an die Wahrheit hält“. Schulz seinerseits verspottete das Verhältnis von CDU und CSU als „Zwangsehe“. Wörtlich sagte er: „Die reden nicht miteinander, sondern übereinander.“Auf die Kritik, er verwende in der Diskussion um das Problem der befristeten Arbeitsverträge viel zu hohe Zahlen, ging er nicht ein. Schulz will die Möglichkeit, Verträge auf Zeit abzuschließen, stark einschränken.
Während Seehofer für den Fall eines Wahlsieges eine „Agenda 2025“mit den größten Steuerentlastungen in der Geschichte des Landes, einem neuen Baukindergeld und einer Ausweitung der Mütterrente versprach, verteidigte Schulz seine umstrittenen Vorschläge zur Entschärfung der Agenda 2010: „Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands steht nicht auf dem Spiel, wenn man ein Jahr länger Arbeitslosengeld I zahlt.“Bei der Kritik an ihm handle es sich um „hysterische Reaktionen.“Unter anderem hatte auch der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, Korrekturen an den Reformen des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder abgelehnt. Er warnt vor einem „Wettlauf um die höchsten Zahlungen“, der keine Arbeitsplätze schaffe, sondern Steuer- und Beitragszahler belaste.
Nach den Auseinandersetzungen der vergangenen Monate um die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin bekräftigte Seehofer seine Forderung nach einer Obergrenze, bat seine Partei und ihre Anhänger aber gleichzeitig um eine geschlossene Unterstützung für Angela Merkel: „Das Bürgerliche muss jetzt aufstehen und kämpfen, gegen Rot-RotGrün.“Die Kanzlerin gab sich angesichts des anhaltenden SPD-Aufschwungs kämpferisch. CDU und CSU hätten gezeigt, dass sie bereit seien, Verantwortung zu tragen, sagte Merkel am Abend in Mecklenburg-Vorpommern. „Wir wollen (...) unserem Land dienen. Und deshalb werden wir kämpfen.“Schulz wiederum bekräftigte seine Ambitionen aufs Kanzleramt. Die SPD trete an, um die stärkste politische Kraft in der Bundesrepublik zu werden. (dpa, afp, AZ)
Mit dem Auftritt von Martin Schulz in Vilshofen und seinen Chancen, Angela Merkel zu schlagen, beschäftigt sich Michael Stifter auf der Dritten Seite. Das Fernduell des SPD-Kandidaten mit Seehofer beleuchtet Rudi Wais im Kommen tar, Reportagen und Berichte über die Aschermittwochsveranstaltungen der anderen Parteien finden Sie in der Politik.