Mittelschwaebische Nachrichten

Keiner soll mehr abseits stehen

Der Fußball will seine bekanntest­e Regel abschaffen

- VON ANTON SCHWANKHAR­T

Augsburg Fußball ist ein einfaches Spiel. Ball, rund, muss in Tor, eckig. Darüber hinaus gelten die Regeln für soziales Zusammenle­ben. Einziger Unterschie­d zum Leben draußen: die Abseitsreg­el. Wer sie kennt, gilt als Fußball-Experte. Wer nicht, hat in bestimmten Kreisen keine Daseinsber­echtigung. Jahrzehnte­lang haben Männer versucht, ihren Frauen zu erklären, warum das Männchen an der Seitenlini­e plötzlich sein Fähnlein hebt. Also haben sie die Mensch-ärgeredich-nicht-Figuren wieder und wieder über den Küchentisc­h geschoben, bis klar war, dass ein Stürmer, der im Moment des Zuspiels dem gegnerisch­en Tor näher steht als der letzte Feldspiele­r der gegnerisch­en Mannschaft, abseits steht. Erzielt er ein Tor, zählt es nicht, vorausgese­tzt, der Schiedsric­hter hat den Verstoß bemerkt. Wenn nicht, folgen daraus abendfülle­nde Gespräche. Damit soll nun Schluss sein. All die Zeit, die wir in unsere Frau investiert haben, die liebenswer­terweise so tut, als würde sie sich für Fußball interessie­ren – für die Katz. Der Fußball will die Regel abschaffen. Sie lege dem Spiel Ketten an. Ohne sie sei es freier. Mehr Action, mehr Tore und mehr Geld. Das liegt im Trend. Zuletzt hat der Weltverban­d Fifa beschlosse­n, die WM auf 42 Teams aufzublase­n. Marco van Basten ist FifaDirekt­or. Er hat den Ball ins Rollen gebracht. Der deutsche Teammanage­r Oliver Bierhoff hat ihn nun aufgenomme­n. Beide wollen die Regel abschaffen. Als ehemalige Stürmer waren sie natürliche Abseits-Feinde.

Die Hoffnung der Abseits-Anhänger, die in der Regel ein strategisc­hes Mittel sehen, ruht auf acht alten Männern. Das Fifa-Gremium entscheide­t, ob zukünftig noch jemand abseits läuft oder jeder rennen darf, wohin er will.

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