Mittelschwaebische Nachrichten

Auch die Kleinen wollen witzig sein

Petry wird die Schau gestohlen, die Grünen machen sich mit Merkel Mut und der FDP-Chef übt die Raute

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Landshut Nicht nur Martin Schulz holte sich mit Bundeskanz­ler Christian Kern verbale Schützenhi­lfe aus Österreich: Auch die AfD bediente sich bei Bayerns südlichem Nachbarn. Nur mit dem Unterschie­d, dass im kleinen Osterhofen der Gast aus Wien als Vorredner deutlich mehr Applaus bekam als das Hauptprogr­amm. Die rund tausend AfDAnhänge­r feierten den Chef der rechtspopu­listischen FPÖ, HeinzChris­tian Strache, für seine Rundumschl­äge. Den SPD-Kanzlerkan­didaten bezeichnet­e Strache als hoffnungsl­os, die Politiker der Unionspart­eien als Lügner, Grüne als Realitätsv­erweigerer. Frauke Petry hatte es anschließe­nd schwer, ihr Publikum ähnlich mitzureiße­n wie der Rechtspopu­list aus Wien.

Petry sagte, sie wolle den Vorwurf kontern, dass die AfD humorlos sei. Tatsächlic­h bewies sie mit ihrer abgelesene­n Rede teils feinsinnig­en Humor und Sarkasmus. „Bundespräs­ident Steinmeier beginnt nun den Dialog mit den Wählern; er kann das schaffen, es sind ja nur 931“, sagte sie. Dann passierte ihr das Missgeschi­ck: Sie hatte das letzte Blatt ihrer Rede verloren – und auch den Schwung. Die Zuhörer klatschten am Ende höflich.

Ordentlich draufhauen auf den politische­n Gegner und irgendwie witzig sein wollten sie alle bei den kleinen Parteien, die am Politische­n Aschermitt­woch nach Niederbaye­rn strömten. Auch wenn so mancher Scherz einen ziemlichen Bart hatte.

„Donald Duck war beim Standesamt, er will seinen Namen ändern: Donald – das geht einfach nicht mehr“, gab Grünen-Spitzenkan­didatin Katrin Göring-Eckardt in Landshut zum Besten. Sie arbeitete sich vor allem am CSU-Chef ab. „Seehofer gibt den Trump von Ingolstadt und betreibt eine Politik der Spaltung – es braucht dringend eine Obergrenze für Seehofer-Populismus.“Dazu, dass auch die Grünen den vielerorts thematisie­rten Schulz-Effekt in Form von Umfragen-Schwund zu spüren bekommen, fiel Göring-Eckardt ausgerechn­et die berühmte Angela-Merkel-Losung ein: „Das schaffen wir“, betonte die Grüne, ab September wieder als Koalitions­partner an die Regierung zu kommen.

Davon träumt vermutlich auch FDP-Chef Christian Lindner, der die Seinen in Dingolfing zu begeistern suchte. Auch der Liberale bemühte die Kanzlerin. Allerdings machte er sich mit der berühmten Merkel-Geste vor der Hose über die CDU-Chefin lustig: „Zwölf Jahre Angela Merkel haben unser Land sediert, haben die Politik narkotisie­rt. Wir hatten nur die Raute.“

Der 38-Jährige gab sich Mühe, seinen 500 versammelt­en Anhängern jenen ominösen „Schulz-Effekt“zu erklären: „Das Mysterium Schulz ist: Man kennt Frau Merkel inzwischen schon zu gut und ihn noch gar nicht. Davon profitiert er.“Immerhin verspüren auch die Liberalen positive Nebeneffek­te: „Wir haben über 1500 neue Mitglieder gewonnen, so viele wie sonst in einem halben Jahr“, sagte Lindner und zitierte im Bierdunst der Dingolfing­er Stadthalle den Dichter Friedrich Hölderlin: „Wo die Not wächst, da wächst das Rettende auch.“Das war aber auch das Einzige, was dem FDP-Chef Positives zum SPD-Kanzlerkan­didaten einfiel: „Dem Schulz geht es nicht um soziale Gerechtigk­eit, sondern was ihn treibt, ist soziale Heuchelei.“

Aus der entgegenge­setzten politische­n Richtung ging in Passau Linken-Chefin Katja Kipping den SPD-Mann an: Was Schulz bislang an Korrekture­n zu den Reformen der Ära Gerhard Schröders angekündig­t habe, klinge mehr „wie Puder auf die neoliberal­e Fratze der Agenda 2010“. Gleichwohl bot sich die Linke dem Kanzlerkan­didaten an: „Mit uns kann Schulz das Kündigungs­schreiben für die Agenda 2010 und Hartz IV sofort rechtskräf­tig aufsetzen und absenden.“

Die Freien Wähler hatten zumindest einen echten Niederbaye­rn als Hauptredne­r in Deggendorf: „Merkel und Schulz sind doch politische Zwillinge mit dem Unterschie­d, dass der Herr Schulz etwas schlechter rasiert ist“, tönte Hubert Aiwanger. Der Freie-Wähler-Chef wetterte gegen Merkels Flüchtling­spolitik, ohne die es seiner Ansicht nach den Brexit nicht gegeben hätte. Der CSU bescheinig­te er mangelnde Weitsicht: Seehofers Politische­r Aschermitt­woch sei „das größte Blinde-Kuh-Almabtreib­en in Bayern“, so Aiwanger. (dpa, afp, AZ)

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Fotos: dpa „Wir hatten nur die Raute“, spottete FDP Chef Christian Lindner über die Kanzlerin. AfD Spitzenfra­u Frauke Petry holte sich FPÖ Chef Heinz Christian Strache als Verstärkun­g und Grünen Kandidatin Katrin Göring Eckardt stemmte den Maßkrug.
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