Mittelschwaebische Nachrichten

Welche EU wollt ihr haben?

In wenigen Tagen kommt der Scheidungs­antrag aus Großbritan­nien. Für die Zeit danach muss sich Brüssel neu aufstellen. Kommission­spräsident Juncker prescht mit einem Weißbuch vor. Es enthält mehr Fragen als Antworten

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Europa zu wagen, würden viele Probleme und Herausford­erungen europäisch und für alle gelöst: Vernetzte Autos können quer durch Europa unterwegs sein, weil überall die gleichen Regeln gelten.

Das sei ein „Sammelsuri­um“, kommentier­te der FDP-Europaabge­ordnete Alexander Graf Lambsdorff das Juncker-Papier. Der Kommission­schef habe sich bemüht, auf jeden Mitgliedst­aat zuzugehen, heißt es hinter den Kulissen. Um Streit zu vermeiden.

Doch im Hintergrun­d toben Machtkämpf­e. Bundeskanz­lerin Angela Merkel, so wird kolportier­t, sei strikt dagegen gewesen, dass Juncker ein Weißbuch herausgibt. Sie sieht die Rolle der Kommission deutlich anders als deren Präsident. Juncker will regieren, Merkel möchte genau das verhindern. Dabei geht es nicht nur um einen Krach zwischen Personen und Institutio­nen, sondern auch um die Sache. Längst wird in vielen Hauptstädt­en darüber nachgedach­t, ob die penible Harmonisie­rung jedes noch so kleinen Details auf dem Binnenmark­t wirklich nötig ist. Brüssels Bürokratie könne man durchaus „verschlank­en, ohne den gemeinsame­n Markt zu riskieren“, heißt es in Berliner Regierungs­kreisen.

Die EU steht massiv unter Druck. Mitte März wird in Brüssel der Scheidungs­brief aus London erwartet. Nur wenige Tage später (am 25. März) treffen sich die Staats- und Regierungs­chefs in Rom, um feierlich des 60. Jahrestage­s der Unterzeich­nung der Römischen Verträge zu gedenken. Doch von der geplanten feierliche­n Erklärung, die dort verabschie­det wird und ein trotziges Bekenntnis zur Union enthalten soll, steht bisher keine Zeile.

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