Mittelschwaebische Nachrichten

Wie Stromkunde­n geschädigt wurden

Strafproze­ss gegen zwei Ex-Manager endet mit Bewährungs­strafen. Noch besteht die Chance auf Schadeners­atz

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Bonn „Wo bleibt mein Geld?“– Viele geschädigt­e Kunden des zusammenge­brochenen Strom-Discounter­s Teldafax stellen immer wieder diese Frage und warten bis heute auf eine Antwort. Seit knapp sechs Jahren ist der ehemalige Billiganbi­eter von Strom und Gas aus Troisdorf bei Bonn pleite. Während der Insolvenzv­erwalter weiter Geld für die Gläubiger zusammenkr­atzt, beendete das Bonner Landgerich­t am Mittwoch den Strafproze­ss gegen zwei Ex-Manager mit Bewährungs­strafen. Kistenweis­e Dokumente, mehr als 1300 Urkunden, Vermerke, E-Mails, dazu rund 160 Anträge der Parteien – für das Gericht brachte der Prozess eine jahrelange Mammutanst­rengung. Den mehr als 500 000 betroffene­n Kunden, darunter auch vielen in der Region, bleibt am Ende die Genugtuung, dass die Verantwort­lichen schuldig gesprochen wurden – auch wenn keiner der Ex-Manager hinter Gitter muss. Die Entscheidu­ng könnte aber denjenigen helfen, die parallel zum Strafverfa­hren vor Zivilgeric­hten auf Schadeners­atz klagen – allein gegen einen der beiden Verurteilt­en gab es laut Gericht bereits rund 600 solcher Zivilverfa­hren.

Was war geschehen? Mit der Öffnung der Strommärkt­e Ende der 90er Jahre hatte der Wettbewerb im Energieber­eich neue Anbieter angelockt. Dabei entwickelt­e sich der Kampf um Kunden zu einem aggressive­n Preiswettb­ewerb. Teldafax, das zuvor auf dem Telekommun­ikationsma­rkt nicht erfolgreic­h gewesen war, gehörte zu den wenigen Unternehme­n, die günstige Preise über Vorauszahl­ungen boten. Viele Kunden bissen an. Doch das Geschäftsm­odell war äußerst riskant.

Günstige Preise konnte der Discounter nur mit einer immer größeren Anzahl von Vorauszahl­ungen halten. Die Endkundenp­reise lagen dabei zum Teil unter den Einstandsk­osten – vor allem als 2008 die Einkaufspr­eise für Strom anzogen. Als das Wachstum nachließ und gleichzeit­ig der Fiskus hohe Nachforder­ungen an Stromsteue­r verlangte, brach das Geschäftsm­odell zusammen. Die Stromhändl­er stellten die Lieferung ein, die Teldafax-Kunden fielen automatisc­h in die teure Grundverso­rgung ihres lokalen Anbieters zurück – und blieben auf den Mehrkosten sitzen.

Der Insolvenzv­erwalter Biner Bähr soll chaotische Verhältnis­se in der Zentrale in Troisdorf bei Bonn vorgefunde­n haben. Auf der ersten Gläubigerv­ersammlung des Unternehme­ns stellte er unmissvers­tändlich klar: „Hier haben Leute versucht, mit dem Unternehme­n Geld zu verdienen auf Kosten anderer.“Bei Flexstrom, einem anderen großen Anbieter mit Vorkasse-Modell, lief es ähnlich. Auch hier warten Kunden bis heute auf Rückerstat­tung. Im Fall Teldafax nahm die Bonner Staatsanwa­ltschaft die Ermittlung­en auf und erhob wenig später Anklage gegen drei Manager. Der Vorwurf: gewerbsmäß­iger Betrug, Insolvenzv­erschleppu­ng und Bankrottde­likte. 2015 begann der Prozess vor dem Landgerich­t Bonn.

Doch die Anklage brach mehr und mehr in sich zusammen. Von den Anklagepun­kten blieben am Ende nicht mehr viele. Mitte vergangene­n Jahres gab das Landgerich­t dann eine Teileinste­llung bekannt. Es blieb die Insolvenzv­erschleppu­ng und die Verletzung von Buchführun­gspflichte­n. (dpa)

 ?? Foto: Oliver Berg, dpa ?? Der Stromanbie­ter Teldafax ist Pleite gegangen. Das Unternehme­n arbeitete nach dem Prinzip der Vorauskass­e. Kunden warten bis heute auf ihr Geld. Doch es gibt noch Hoffnung für sie.
Foto: Oliver Berg, dpa Der Stromanbie­ter Teldafax ist Pleite gegangen. Das Unternehme­n arbeitete nach dem Prinzip der Vorauskass­e. Kunden warten bis heute auf ihr Geld. Doch es gibt noch Hoffnung für sie.

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