Mittelschwaebische Nachrichten
Ein arroganter Revolutionär
Der junge Karl Marx Raoul Peck huldigt den Ikonen des Kommunismus
Das Experiment Sozialismus gilt weithin als gescheitert, von der Idee des Kommunismus ganz zu schweigen. Doch immer noch werden die Armen ärmer und die Reichen reicher. Niemand, so scheint es, kann etwas daran ändern und die Welt zu einem besseren, gerechteren Ort machen. Oder doch? Raoul Pecks ambitionierter Film „Der junge Karl Marx“zeigt, wie seine kühnen Ideen entstanden, immer in Zusammenarbeit mit seinem neu gewonnenen Freund Friedrich Engels.
Die Industrialisierung hat die Arbeitswelt vor 200 Jahren verändert. Die Fabrikherren wollten konkurrenzfähig sein und den Profit maximieren. Das ging nur, wenn man die Arbeiter kurz hielt und auspresste. Kinder waren als Billiglöhner besonders beliebt. Friedrich Engels (Stefan Konarske), Sohn eines Fabrikbesitzers, kann diese Zustände nicht mit seinem Gewissen vereinbaren. Doch als er den Kontakt zu den Arbeitern sucht, erntet er erst einmal Schläge. Karl Marx (August Diehl) analysiert das aus der Balance geratene, ungerechte System mehr auf der theoretischen Ebene. Er ist zwar selbst bitter arm, kennt das Proletariat aber nicht so intensiv wie Engels. Ein Zusammentreffen der beiden Männer droht an Marx’ Arroganz zu scheitern. Engels geht in die Defensive und outet sich als Fan.
August Diehl und Stefan Konarske, beide überaus charismatisch, hätten ihre Figuren als Popstars ihrer Zeit anlegen können. Ansätze dazu sind vorhanden. Aber dann schreckt der Film von Raoul Peck wieder vor der Emotion zurück und setzt auf Förmlichkeit und Theorie. Sehr gelungen ist die Darstellung der starken Frauen an der Seite von Marx und Engels, beide aus völlig anderer sozialer Schicht stammend, aber gleichermaßen vom Wunsch nach Veränderung erfüllt. ***
Filmstart Memmingen
in Augsburg, Ingolstadt,