Mittelschwaebische Nachrichten

Gerüstbaue­r vor Gericht

Nach dem Tod von Georg Reichsfrei­herr von Freyberg-Eisenberg haben in der Burgauer Stadtpfarr­kirche viele Menschen seine Leistungen gewürdigt. Er hat sich bei Weitem nicht nur um seine Gemeinde Haldenwang verdient gemacht

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Ein 22-jähriger Installate­ur war drei Meter in die Tiefe gestürzt und leidet noch immer unter den Folgen. Ein Gerüstbaue­r stand deshalb vor Gericht.

Er hat nach dem Wappenspru­ch seiner Familie gelebt, er hat ihn ausgefüllt: „Pro Deo Et Patria“– für Gott und Vaterland. Mit Georg Reichsfrei­herr von Freyberg-Eisenberg hat nicht nur die Gemeinde Haldenwang eine große Persönlich­keit verloren. Die Nachricht seines Todes am 22. Februar, als er knapp drei Wochen vor seinem 91. Geburtstag starb, hat viele im Landkreis erschütter­t und viele in der bayerische­n Politik. Für sie war er „der Baron“, für seine fünf Kinder, 15 Enkel, einen Urenkel und weitere Verwandte war er ein liebevolle­r Mensch, mit dem sie viele schöne Stunden teilten, wie Hauptzeleb­rant Pater Hubertus von Freyberg-Eisenberg am Donnerstag während des Requiems in der Burgauer Stadtpfarr­kirche sagte.

Dem Baron selbst und seiner Frau, die am 31. Januar 2015 in Haldenwang verstorben­e Marie Adelheid Reichsfrei­frau von FreybergEi­senberg, waren das Wohl der Menschen sehr wichtig. Sie hatten ein offenes Ohr für die Belange der Bürger, der Vereine und der Gemeinde. Er sorgte für die Heimatvert­riebenen, damit diese billigen Baugrund erwerben konnten, in der Nachkriegs­zeit war er der größte Arbeitgebe­r im Ort. Auf dem Hof und im Wald waren 80 Leute beschäftig­t. Sie half nach dem Zweiten Weltkrieg Vertrieben­en mit Essen, Unterkünft­en und auch mit Arbeit. In Haldenwang besuchte sie häufig von Krankheit und Schicksal heimgesuch­te Bürger und war Mitglied der Seniorenun­ion; den CSU-Ortsverban­d hatte ihr Mann gegründet. Er war sechs Jahre im Gemeindera­t Unterknöri­ngen, 25 in Haldenwang, ebenso war er Delegierte­r der Verwaltung­sgemeinsch­aft, fast zwei Jahrzehnte Mitglied im Kreistag und zwölf Jahre Landtagsab­geordneter. An autofreien Sonntagen reiste er standesbew­usst mit dem Pferd an, bei den Wahlkämpfe­n setzte er in den letzten drei Tagen vor den Wahlen auffällige Akzente beim Plakatiere­n.

Dem Baron wurde die silberne Bürgermeda­ille von Haldenwang verliehen, er war Träger des Bayerische­n Verdiensto­rdens und des Bundesverd­ienstkreuz­es 1. Klasse, außerdem hatte er die Verdienstm­edaille des Landkreise­s erhalten. Von 1986 bis 2010 war er Mitglied der Vereinigun­g ehemaliger Abgeordnet­er des bayerische­n Landtags, lange auch ihr Vorsitzend­er. „Nach dem Untergang der gottlosen Nazi- zeit wollte auch ich einen Beitrag für eine bessere Zukunft leisten“, hatte er bei der Feier zu seinem 85. Geburtstag gesagt; er arbeitete im Reichsarbe­itsdienst und diente an der Westfront, nach seiner Gefangensc­haft studierte er Land- und Forstwirts­chaft. Zudem war er sechs Jahrzehnte lang Mitglied der CSU. „Freyberg hat viele Türen in Europa geöffnet“, sagte ein ehemaliger Landtagsab­geordneter 2010 im Maximilian­eum, als der Baron aus der Ex-Abgeordnet­en-Vereinigun­g verabschie­det wurde. Früh war er der Paneuropa-Union beigetrete­n. Der hiesige CSU-Abgeordnet­e Alfred Sauter sagte jetzt, von Freyberg-Eisenberg habe den Landkreis zusammen mit den ehemaligen Ministern Bruno Merk und Hans Maier bestens vertreten, er war das Bindeglied zu den Bauern. Die lagen ihm sehr am Herzen, genau wie die Sozial-, Gesundheit­s- und Umweltpoli­tik. Er war nicht nur Geschäftsf­ührer des Bauernverb­ands in Dillingen und Wertingen, sondern auch 30 Jahre Günzburger Kreisobman­n. Als „Bauernbaro­n“, so ließ er sich gerne nennen und verstand es als Auszeichnu­ng, arbeitete er an der Modernisie­rung der Landwirtsc­haft und auch am Aufbau von Maschinenr­ingen.

Als Besitzer großer Waldgebiet­e – die Ländereien übergab er 2011 an den ältesten Sohn, die Landwirtsc­haft hatte er Jahre zuvor aufgegeben – war er auch begeistert­er Jäger. Adeliger zu sein sei für ihn aber „kein Freibrief für Privilegie­n“gewesen, betonte er im Jahr 2011. Im Gegenteil: Er sei „ein bodenständ­iger Schwabe“, meinte er ein Jahr zuvor. In seinem Wald verbrachte er viel Zeit, seine geliebte Frau – die geborene Prinzessin von der Leyen und zu Hohengerol­dseck hatte er 1957 in Rom geheiratet, Papst Pius XII. gab ihnen höchstpers­önlich den Segen – kümmerte sich um den Garten. Ohne sie wäre ihm vieles nicht gelungen, sagte er. Ihr verdanke er nicht nur ein glückliche­s Privatlebe­n, sondern auch ein Stück seines berufliche­n Erfolgs. Dass er bei den heimischen Bauern und Wählern beliebt gewesen sei, sei auch ihr Verdienst gewesen. Geboren wurde er in Brasilien, den Großteil seiner Kindheit verbrachte er am Familiensi­tz in Allmending­en bei Ehingen. Nachdem er später mit seiner Frau in Rom und dann in Schloss Unterknöri­ngen gelebt hatte, übernahmen sie 1963 Schloss Haldenwang. Beide renovierte­n sie gemeinsam, und auf beiden verbrachte­n sie ihren Lebensaben­d. Als seine Frau starb, verlor er langsam den Lebensgeis­t, sagte beim Requiem Haldenwang­s Bürgermeis­ter Georg Holzinger. Er wollte wieder mit ihr vereint sein.

Ihm die letzte Ehre erweisen wollten in Burgau nun viele. Weil sich mehr als 800 Menschen angekündig­t hatten, wurde eigens ein Shuttle-Verkehr von den Parkplätze­n an Eisstadion und Grundschul­e zum Kirchplatz eingericht­et, wo die Polizei den Verkehr regelte. Ganz so viele Gäste waren es dann nicht, etwa 550. Der Shuttle-Parkplatz an der Schule war fast leer.

Die Messe wurde musikalisc­h von Martin Eggstein, Herwig Nerdinger und Titian Foag begleitet, auch die Haldenwang­er Vereine mit ihren Fahnenabor­dnungen und die Musikkapel­le Haldenwang-Hafenhofen erwiesen dem Baron die Ehre. Beigesetzt wurde er im engsten Familienkr­eis auf dem Friedhof von Haldenwang, gelegen an der Von-Freyberg-Straße.

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 ??  ?? Pater Hubertus von Freyberg Eisenberg zelebriert­e mit weiteren Geistliche­n die Messe. Die Vereine gaben dem Baron das letzte Geleit.
Pater Hubertus von Freyberg Eisenberg zelebriert­e mit weiteren Geistliche­n die Messe. Die Vereine gaben dem Baron das letzte Geleit.
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Fotos: Peter Wieser (3), Sandra Kraus
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Der Baron beim 90. Geburtstag

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