Mittelschwaebische Nachrichten
Lucky Luke im gelobten Land
Der Kult-Cowboy begleitet eine ostjüdische Familie witzig durch Nordamerika. Klischees inklusive. Aber muss ein Comic politisch korrekt sein?
Augsburg Lucky Luke ist wieder da. Und irgendwie erinnert der Oldtimer in dem neuen, durchaus geistreichen Comic-Band „Das gelobte Land“an die frühen Zeiten, als Amerika für Einwanderer noch tatsächlich demokratische Luft, berufliche Chancen und Pressefreiheit bedeutete. Und davon handelt auch „Das gelobte Land“, in das eine Familie orthodox-jüdischer Einwanderer in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einreist, um in irgendeinem Nest die Bar Mizwa des Enkels Jankel zu feiern.
Was natürlich nicht ohne Lucky Luke geht, der die „Mischpoche“, wie das Familienoberhaupt Moishe Stern sagt, kennenlernt. Luke muss darauf achten, dass die Thora unbeschadet in dem Nest Chelm City ankommt, ungeachtet geldgieriger Gnomen und Indianerangriffen.
In Zeiten politischer Korrektheit sitzen wahrscheinlich schon die Kritiker in den Schützengräben.
Denn Zeichner Achdé und der neue Texter Jul, beide Franzosen, nerven den praktisch denkenden Westerner Lucky Luke mit den jüdischen Essensritualen, dem Sabbat und den Schriftrollen, die fast die Ladefähigkeit des Planwagens übersteigen. Aber Lucky Luke entpuppt sich hier als Liberaler, weil er als Profi unbedingt den Clan durchbringen will. Macht sich das Duo Achdé und Jul lustig über die Immigranten, die ständig jiddisch miteinander sprechen?
Natürlich könnte das heikel werden, Klischees eingeschlossen. Aber die meisten Witze machen die Juden über sich selbst. Comics sind nicht korrekt: Erinnern wir uns an den schwarzen Piraten Baba, der in „Asterix“kein „R“aussprechen konnte. Hat niemanden groß gestört. Oder den legendären DonaldDuck-Zeichner Carl Barks, über dessen rassistische Darstellung von Karibik-Bewohnern man sich bei aller Liebe ärgern konnte.
Wie kommt da im Vergleich „Das gelobte Land“rüber? „Sieht fast aus wie die Schtetl bej uns dahejm“, sagt einmal Familienmitglied Moishe bei der Prügelei vor einem Saloon. Schtetl, das ist der Name für jüdische Siedlungen in Osteuropa vor dem Zweiten Weltkrieg. Und als Indianer entdecken, dass Moishe Stern unter seinem schwarzen Hut noch eine Kippa trägt, nennen sie ihn „Doppelskalp“. Bevor jetzt die Aufregung beginnt, sei verraten, dass es sich um eine Ehrerbietung handelt.
Der Comic darf viel, logisch ist nicht alles. Superman sprengte auf Papier schon Zeit und Raum, bevor er zur Blockbuster-Maschine im Kino reduziert wurde. Bei uns zählt Print noch immer, wenn es um Alben-Klassiker wie „Asterix“geht.
Jetzt also Lucky Luke, so originell wie lange nicht mehr. Der 2001 verstorbene Belgier Morris war ab 1946 der Vater des Cowboys, der lange mit der Unterstützung des Asterix-Autors René Goscinny Lucky Luke in den Sonnenuntergang reiten ließ. Schon vor Morris’ Tod 2001 verflachte allerdings die Serie.
„Das gelobte Land“spielt mit Versatzstücken des Lucky-LukeMythos. Achdé zitiert nicht nur das berühmte Bild „American Gothic“des Malers Grant Wood mit dem strengen Puritanerpaar, sondern auch humorvoll ein Kind mit einer wirren Frisur, das die Zunge herausstreckt, während der Einwanderungsbeamte fragt: „Der Vorname Ihres Sohnes, Mrs. Einstein?“Antwort: „Albert.“
„Lucky Luke – Das gelobte Land“, Egmont Comic Collection, 12 Euro.
Macht sich der Band über Immigranten lustig?