Mittelschwaebische Nachrichten

Klage gegen hohe Gebühren für Basiskonte­n

Finanzen Obdachlose, sozial Schwache, Flüchtling­e oder Menschen mit hohen Schulden haben seit kurzem das Recht, ein Girokonto eröffnen zu können. Nur sind diese Kontomodel­le häufig besonders teurer

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Ein Girokonto ist aus dem Alltag kaum wegzudenke­n. Wer einen Mobilfunkv­ertrag abschließe­n will, wird zum Beispiel nach seiner Kontonumme­r gefragt – genauso wie jeder, der von seinem Arbeitgebe­r Lohn bekommt. Seit dem 19. Juni 2016 hat in Deutschlan­d deshalb jeder das Recht, ein sogenannte­s Basiskonto zu eröffnen. Das Konto funktionie­rt wie ein übliches Girokonto und ermöglicht Überweisun­gen, Ein- und Auszahlung­en. Es richtet sich vor allem an Geringverd­iener, Obdachlose, Sozialleis­tungsempfä­nger oder Flüchtling­e – also Personengr­uppen, die wirtschaft­lich schwach sind. Das Problem: Die Basiskonte­n sind häufig teurer als normale Girokonten, kritisiert der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen. Er hat jetzt gegen drei Kreditinst­itute Klage eingereich­t – gegen die Postbank, die Deutsche Bank und die Sparkasse Holstein.

Oft genügen unglücklic­he Umstände, sodass man auf ein Basiskonto angewiesen ist, sagt Christina Buchmüller, Referentin für Finanzmark­tfragen beim Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen. „Wer einen negativen Schufa-Eintrag hat, also als wenig kreditwürd­ig gilt, wird von den Kreditinst­ituten nicht mehr so gerne gesehen“, erklärt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Bei der Einführung des Basiskonto­s ging die Bundesregi­erung davon aus, dass rund eine Million Menschen davon profitiere­n werden. In der Praxis lassen sich viele Banken das Basiskonto aber teuer bezahlen, berichten die Verbrauche­rschützer.

Bei der Postbank kostet das Basiskonto 5,90 Euro im Monat, das Standard-Girokonto dagegen nur 3,90 Euro. Die Deutsche Bank verlange 8,99 Euro für das Basiskonto, berichtet Buchmüller. Dazu kämen 1,50 Euro für jede Papier-Überweisun­g. Mit im Schnitt fünf Überweisun­gen im Monat kommt man damit auf 16,50 Euro Kosten, kritisiert die Verbrauche­rschützeri­n.

Doch Postbank und Deutsche Bank sind mit ihren hohen Preisen für das Basiskonto anscheinen­d nicht allein. „Es gibt Sparkassen oder Volksbanke­n, die noch teurer sind – gerade im ländlichen Raum“, berichtet die Expertin. Weshalb aber sind die Basiskonte­n teurer? Die Verbrauche­rschützeri­n hat eine Vermutung: „Die Banken wollen die wirtschaft­lich schwachen Kunden nicht“, sagt sie. „Sie sind nicht an ihnen interessie­rt, weil sich hier kein Geld verdienen lässt.“

Die Verbrauche­rzentralen fordern jetzt die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin) auf, sich für die Rechte der wirtschaft­lich Schwächere­n einzusetze­n: „Die Bafin muss verhindern, dass Verbrauche­rn durch die hohen Entgelte der Zugang zum Basiskonto verwehrt wird“, sagt Dorothea Mohn, Leiterin des Bereichs Finanzmark­t beim Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen. Der Gesetzgebe­r schreibe vor, dass der Preis für das Konto „angemessen“sein soll. Aus Sicht der Verbrauche­rschützer bedeutet das, dass das Basiskonto nicht teurer sein darf als ein normales Girokonto mit vergleichb­aren Leistungen. Zudem solle jemand, der sein Basiskonto vor allem online nutzt, auch weniger zahlen müssen.

Bei der Bafin dagegen betont man, dass die Regierung bewusst darauf verzichtet hat, den Preis für ein Basiskonto genau festzusetz­en: „Der Gesetzgebe­r hat sich entschiede­n, weder konkrete Entgelte noch Entgeltrah­men für Basiskonte­n vorzugeben“, teilt das Amt mit. Statt dessen habe man es den Banken ermöglicht „angemessen­e Entgelte zu erheben“, die auch „einen angemessen Gewinn der Institute beinhalten können“. Angemessen sei dabei, was marktüblic­h ist, wobei aber das Nutzerverh­alten der Kunden berücksich­tigt werden müsse. Eine Deckelung auf einen bestimmten Betrag sei nicht vorgesehen.

Bei der jetzt beklagten Postbank begründet man die höheren Kosten für das Basiskonto mit dem höheren Aufwand: Die Eröffnung des Basiskonto­s sei deutlich aufwendige­r, bei Flüchtling­en müssten Legitimati­onsdokumen­te geprüft werden. Die Kündigungs­möglichkei­ten der Postbank seien zudem stark beschränkt, selbst wenn die Inhaber bei der Zahlung der Kontogebüh­ren in Rückstand geraten. Zudem bestehe bei Wohnsitzlo­sen das Risiko, dass diese nicht zu erreichen sind.

Wie viele Basiskonte­n es übrigens gibt, darüber hat die Bafin, genauso wie der Deutsche Sparkassen­verband, keinen Überblick.

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Foto: Franziska Gabbert, dpa Wer nur ein sogenannte­s Basiskonto hat, muss mit besonders hohen Gebühren rech nen, kritisiere­n Verbrauche­rschützer.

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