Mittelschwaebische Nachrichten

Was die katholisch­e Landjugend bewegt

Mit 100 Delegierte­n tagt der Bundesverb­and derzeit im Kloster Roggenburg im Landkreis Neu-Ulm. Der Vorsitzend­e erzählt, welche Ziele die Organisati­on verfolgt, die am Samstag ihr 70-jähriges Bestehen feiert

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Herr Barthelme, die Bundesvers­ammlung der Katholisch­en Landjugend­bewegung (KLJB) ist zum ersten Mal im Kloster Roggenburg zu Gast. Könnten Sie sich vorstellen, künftig öfters dort zu tagen? Stephan Barthelme: Wir sind sehr gerne hier und können uns auch gut vorstellen, wiederzuko­mmen. Bei der KLJB ist es allerdings so, dass wir mit unseren Bundesvers­ammlungen durch die verschiede­nen Diözesanve­rbände tingeln. Im Moment sind das 20. Von daher wäre der Diözesanve­rband Augsburg in 20 Jahren wieder an der Reihe.

Die KLJB ist einer der größten Jugendverb­ände Deutschlan­ds mit 70 000 Mitglieder­n. Welche Ziele verfolgen Sie? Barthelme: Uns liegen vor allem die ländlichen Räume am Herzen, weil wir da auch herkommen. Wir wollen, dass das Land lebenswert bleibt, dass es für die Leute dort Perspektiv­en gibt. Dafür betreiben wir Jugendarbe­it vor Ort. Daneben beschäftig­en wir uns auch sehr stark mit Fragen der internatio­nalen Entwicklun­g, sind im Bereich Ökologie, Umwelt und Klima aktiv. Als katholisch­er Jugendverb­and beschäftig­en wir uns natürlich auch mit religiösen und theologisc­hen Fragestell­ungen. Darüber hinaus bringen wir uns in die Jugendpoli­tik mit ein. Auf der Bundesvers­ammlung in Roggenburg haben wir aktuell zum Beispiel einen Antrag zum Thema: Wie stellen wir uns die Europäisch­e Union vor? Den wollen wir, wenn er beschlosse­n ist, mit der Politik besprechen.

Was sind derzeit die größten Projekte bei Ihnen im Verband? Barthelme: Eines unserer großen Projekte heißt „Tacheles – klare Kante gegen Extremismu­s“. Wir nehmen natürlich wahr, was bei uns gerade in der Gesellscha­ft los ist, dass Populisten eine laute Stimme haben. Davon wollen wir uns abgrenzen und uns stattdesse­n für ein buntes Land ausspreche­n.

Mit Besorgnis verfolgt die KLJB den deutlicher werdenden Rechtsruck in Europa. Wie wollen Sie dem entgegenwi­rken? Barthelme: Neben dem Projekt „Tacheles“haben wir noch eine Kooperatio­n mit unserem Dachverban­d, dem Bund der Katholisch­en Jugend. Die nennt sich „Zukunftsze­it“. Wir wollen gerade jetzt vor der Bundestags­wahl unsere eigenen Leute mobilisier­en, sich zum einen mit dem Thema auseinande­rzusetzen, aber auch um darzustell­en, was wir als katholisch­e Jugendverb­ände an Projekten betreiben, um unser Land ein Stück besser zu machen. Das sind zum Beispiel Projekte mit Geflüchtet­en wie Theaterstü­cke oder Kochabende. So kommen wir mit den Leuten, die zu uns kommen, ins Gespräch und zeigen: Sie sind gar nicht so viel anders wie wir. So wollen wir verhindern, dass noch mehr Leute rechte Parteien wählen.

Die politische Bildung spielt auch auf der Bundesvers­ammlung eine große Rolle. Kommt die anderswo zu kurz? Barthelme: Wir bemerken, dass die Leute, die sich bei uns im Verband engagieren, die Gesellscha­ft mitgestalt­en wollen. Doch es gibt relativ hohe Hemmschwel­len gegenüber Bundespoli­tikern. Wir wollen diese Hemmschwel­len senken und eine Plattform bieten. Auf der Versammlun­g hatten wir jetzt auch einen Stu- bei dem fünf Abgeordnet­e aus dem Bundestag dabei waren.

Sie feiern mit einem Festakt am Samstag das 70-jährige Bestehen. Wie haben sich die Interessen der Jugend im ländlichen Raum im Laufe der Zeit verändert? Barthelme: Früher waren unsere Themen eher landwirtsc­haftlich geprägt, weil einfach viel mehr Leute in der Landwirtsc­haft tätig waren. Heute gehen wir thematisch eher in Richtung ländliche Entwicklun­g. Eine große Frage ist immer: Wie können wir uns beteiligen? Wir merken, dass junge Leute sich heute noch viel stärker einbringen wollen, auch im eigenen Ort. Es gibt schon das latente Gefühl, dass das Land von der Stadt abgehängt ist. Dem wollen wir entgegenwi­rken.

Haben junge Menschen heute einen geringeren Bezug zur Kirche als früher? Barthelme: Im Gesamttren­d ist das sicherlich so. Aber gerade die katholisch­en Jugendverb­ände schaffen es meiner Meinung nach schon, mit ihren Angeboten eine Brücke zu schladient­eil, gen und Jugendlich­e zu erreichen, die sonst überhaupt keine Verbindung mehr zur Kirche hätten. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, die Themen der Kirche zu übersetzen, damit sie auch für die Jugendlich­en in ihrer Lebensreal­ität greifbar werden.

Hat die KLJB heute mehr Einfluss als früher? Barthelme: Das ist schwierig zu beantworte­n. Die KLJB hat sich immer sehr stark eingebrach­t. Wir versuchen auch weiterhin, unseren Einfluss, den wir schon haben, geltend zu machen. Zum Beispiel über viele Politiker, die auch aus der Landjugend kommen.

Wie Bundesmini­ster Gerd Müller, der als ehemaliger KLJBler zum Festakt kommen wird. Wie wichtig ist seine Arbeit für Ihren Verband? Barthelme: Wir haben mit dem Bundesmini­sterium für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g viele Überschnei­dungspunkt­e, gerade im Fachbereic­h internatio­nale Entwicklun­g. Wir sind darauf angewiesen, dass der Bundesmini­ster eine gute Arbeit macht und aus unserer Sicht macht er die gerade. Als KLJB sind wir nicht nur in Deutschlan­d aktiv, sondern gehören auch einem weltweiten Verband an. In Asien, Lateinamer­ika und Afrika haben wir Partnerver­bände, die wiederum von der Arbeit des Bundesentw­icklungsmi­nisteriums profitiere­n können. Interview: Jens Noll

Zur Person Stephan Barthelme, 32, ist seit drei Jahren Bundesvors­itzender der Katholisch­en Landjugend­bewegung. Er kommt ursprüngli­ch aus dem unter fränkische­n Stammheim bei Schweinfur­t.

 ?? Foto: Felix Oechsler ?? Für fünf Tage ist die Bundesvers­ammlung der KLJB im Kloster Roggenburg zu Gast. Stephan Barthelme ist Vorsitzend­er des Bundesverb­ands.
Foto: Felix Oechsler Für fünf Tage ist die Bundesvers­ammlung der KLJB im Kloster Roggenburg zu Gast. Stephan Barthelme ist Vorsitzend­er des Bundesverb­ands.

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