Mittelschwaebische Nachrichten

Auto Club kämpft gegen Blinkmuffe­l

Immer mehr Menschen scheinen nicht mehr zu wissen, welcher Hebel sich da links neben dem Lenkrad befindet. Der ADAC kann das nicht weiter mit ansehen

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Manchmal, sagt Siegfried Brockmann, würde er beim Autofahren gerne aussteigen. Dann würde er zu seinem Vordermann gehen und ihm erklären, dass das, was sich links neben dem Lenkrad befindet, keine Zierde, sondern ein Hebel zum Blinken ist. Offenbar wüssten das zunehmend weniger Menschen. Brockmann ist Unfallfors­cher beim Gesamtverb­and der Deutschen Versichere­r und seine Worte sprechen wohl vielen Autofahrer­n aus dem Herzen. „Wenn die Menschen nicht blinken, dann ist das ein Ärgernis“, findet der 57-Jährige.

Das Blinken auf Deutschlan­ds Straßen ist so aus der Mode gekommen, dass der ADAC es offenbar nicht länger mit ansehen will. Denn vom Automobil-Club kommt jetzt ein Video, das Blinkfeind­e aufklären will, sagt Verkehrsps­ychologin Nina Wahn. Das Filmchen, das unter anderem auf der Facebook-Seite des ADAC zu sehen ist, haben bereits mehr als 750 000 Menschen angeschaut. Der Zeichentri­ckfilm zeigt im Fahrschul-Stil, wann Autofahrer blinken müssen. Etwa beim Einund Ausscheren zum Überholen, beim Links- und Rechtsabbi­egen, beim Verlassen des Kreisverke­hrs und wenn sie einer abknickend­en Vorfahrtss­traße folgen. „Gehört hat diese Regeln sicher jeder schon einmal in der Fahrschule. Aber was man lernt, kann man auch wieder verlernen“, sagt Wahn.

Zahlen zur Blink-Abneigung der Deutschen haben weder der ADAC noch Unfallfors­cher Brockmann. Auch ob die Zahl der Blinkmuffe­l steigt, weiß niemand so genau. Verkehrsps­ychologin Wahn kennt aber die Gründe, warum Menschen aufhören zu blinken. „Manche kennen die Regeln nicht, manche wollen einfach nicht blinken. Was Unsinn ist. Denn, wenn man regelmäßig blinkt, wird es schnell zum Automatism­us.“Das Fehlverhal­ten kann sich auch langsam einschleic­hen. „Vielleicht lässt man es einmal weg, weil eh keiner hinter einem herfährt, und vergisst es dann öfter“, sagt sie.

Der Blinker ist vor allem ein Zeichen an die anderen Verkehrste­ilnehmer. „Er ist unser einziges Kommunikat­ionsmittel im Auto“, sagt Wahn. Dem Nicht-Blinker falle aber meist nicht auf, dass er mit seinem Verhalten andere ärgere. Denn der Hintermann, der seinetwege­n abrupt bremsen muss, ist nicht in seinem Blickfeld.

Notorische Nicht-Blinker sollen durch das Erklär-Video daran erinnert werden, wie man im Straßenver­kehr richtig mit anderen kommunizie­rt. „Ich glaube, dass Menschen, die nicht blinken, zum Hindernis werden und der Verkehrsfl­uss ihretwegen stockt“, sagt Unfallfors­cher Brockmann. „Aber ein Unfall wird deshalb selten passieren – vor allem, wenn man genügend Sicherheit­sabstand einhält.“

Verkehrsps­ychologin Wahn hofft, dass ihr Gewissen die Autofahrer zu einem Umdenken motiviert. Denn allzu viel offizielle Sanktion haben Blinkmuffe­l nicht zu befürchten: Der Tatbestand „Fahrtricht­ungsanzeig­er nicht wie vorgeschri­eben benutzt“wird mit einem Bußgeld von zehn Euro geahndet.

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Foto: Kai Remmers, dpa Nein, das ist keine Zierde: Wann man den Blinker setzen muss, ist eins der Dauerthe men in der Fahrschule.
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Auch wer abbiegt, muss ein Signal ge ben, trotz Richtungsp­feil auf der Spur.
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Fotos (2): ADAC Wer den Kreisverke­hr verlassen will, muss blinken.

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