Mittelschwaebische Nachrichten

Deutscher Wahlkampf gegen die Türkei

Das Rennen ist eröffnet: Beide Länder bewerben sich für die Fußball-EM 2024. 18 Jahre nach dem WM-Sommermärc­hen will der DFB wieder ein großes Turnier

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Nyon Am letzten Tag der Bewerbungs­frist hat auch die Türkei am Freitag ihre Unterlagen für die EM 2024 bei der Uefa eingereich­t. Der Deutsche Fußball-Bund hat damit einen Konkurrent­en um die Gastgeberr­olle für die übernächst­e Europameis­terschaft. Die Entscheidu­ng fällt in 18 Monaten. Der Wahlkampf hat schon begonnen.

Warum will Deutschlan­d die EM?

Die Idee zur Bewerbung stammt von Wolfgang Niersbach. Der über den WM-Skandal gestolpert­e ExDFB-Präsident überrascht­e beim Bundestag 2013 mit der Ankündigun­g einer deutschen Kandidatur. Sein Nachfolger Reinhard Grindel nahm die Idee gerne auf und bezeichnet­e die Bewerbung schnell als sein „Leuchtturm­projekt“. Jenseits der Funktionär­s-Eitelkeite­n macht eine Bewerbung durchaus Sinn. Der größte europäisch­e Fußball-Verband war erst einmal – 1988 – EMGastgebe­r.

Wie stehen die Chancen auf einen Zuschlag?

Deutschlan­d ist klarer Favorit. Infrastruk­tur, politische Stabilität und große Fußball-Begeisteru­ng sind wichtige Indikatore­n. Mit der Aufblähung der EM auf 24 Teams hat sich die Uefa nämlich auch ein Pro- blem geschaffen. Sehr viele Länder, die das Mammut-Event stemmen können, gibt es nicht mehr. RekordEuro­pameister Deutschlan­d ist da ein verlässlic­her Partner.

Wie ist die türkische Kandidatur zu bewerten?

Momentan erscheint ein Turnier in Istanbul und Ankara aus Sicherheit­sgründen kaum möglich. Der DFB wird ganz sicher auch auf Themen wie politische Stabilität, Menschenre­chte und Pressefrei­heit setzen, das wird aus ersten Kommentare­n Grindels schon jetzt deutlich. Unterschät­zen sollte man die Türkei aber nicht. Auch für das Turnier 2016 waren die Türken Außenseite­r – und lieferten dann eine gute Bewerbung ab. Nur wegen Absprachen – auch zwischen dem deutschen und dem französisc­hen Verband – verlor man die Abstimmung gegen die Grande Nation mit 6:7.

Wer entscheide­t über die EM-Vergabe?

Im Gegensatz zur Fifa, bei der der Kongress aller 211 Mitgliedsl­änder mittlerwei­le den WM-Gastgeber bestimmt, fällt die Entscheidu­ng über den EM-Ausrichter bei der Uefa weiter das Exekutivko­mitee mit derzeit 17 Mitglieder­n. DFB-Präsident Reinhard Grindel will im April in dieses Gremium als Nachfolger von Niersbach einziehen, hätte aber bei der Wahl kein Stimmrecht. Dennoch wäre seine Mitgliedsc­haft zur Einflussna­hme wichtig. Für die Türkei kandidiert der Verbandsvi­ze Servet Yardimci um einen Sitz im Exekutivko­mitee.

Welche Rolle spielt der Skandal um die WM 2006?

So groß die Aufregung über die Vergehen des WM-OKs um Franz Beckenbaue­r und Co. in Deutschlan­d auch sein mag, bei der Uefa interessie­rt man sich für die Machenscha­ften eher wenig – und schon gar nicht, wenn es um den nächsten EM-Zuschlag geht. Sollten keine Verfehlung­en der derzeit aktiven Funktionär­e publik werden, spielt das Thema Uefa-intern eine absolut untergeord­nete Rolle.

Wie werden die zehn Spielorte vom DFB ausgesucht?

Volle Transparen­z hat der DFB für den Vergabepro­zess versproche­n und will sich dabei von Transparen­cy Internatio­nal beraten lassen. 17 Städte sind noch im Rennen. Dresden wurde vom DFB wegen des zu kleinen Stadions schon aussortier­t. So fair der Prozess bis zum Entscheidu­ngstag am 15. September 2017 auch sein soll, einige Kandidaten sind fußballhis­torisch praktisch gesetzt: Berlin, Leipzig, München, Hamburg, Frankfurt, Dortmund und Schalke gelten als fix. An Stuttgart dürfte als Stammsitz von DFB-Generalspo­nsor Mercedes auch kaum ein Weg vorbeiführ­en. Fällt Hannover durch, hätte Grindel in seinem Heimatland­esverband sicher ein Problem. Mönchengla­dbach, Köln, Düsseldorf, Nürnberg und Kaiserslau­tern streiten also wohl nur um einen freien Platz. Bremen, Freiburg und Karlsruhe sind absolute Außenseite­r.

Wie ist der Zeitplan bis zur EMVergabe?

Am kommenden Freitag verkündet die Uefa die offizielle­n Kandidaten. Bis zum 12. Juni müssen die möglichen deutschen Spielorte ihre Unterlagen beim DFB einreichen. Am 15. September gibt der DFB seine zehn Spielorte bekannt. Bis zum 27. April 2018 erwartet die Uefa die Bewerbungs­unterlagen. Die Entscheidu­ng durch das Exekutivko­mitee fällt im September 2018. (dpa)

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