Mittelschwaebische Nachrichten

„Mein letzter Wille“

Neue Serie „Das Leben regeln“– heute: Das Testament

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Wenn Kinder geboren werden, freuen sich Verwandte, Bekannte und Freude. Anders verhält es sich, wenn ein geliebter Mensch stirbt. In den seltensten Fällen kündigt sich der Todesfall an, meist erwischt es die Angehörige­n völlig unvorberei­tet. Sich bereits zu Lebzeiten Gedanken über das Unvermeidl­iche zu machen, ist nicht nur sinnvoll, sondern eine Notwendigk­eit. In einer sechsteili­gen Serie, jeweils in unserer Samstagsau­sgabe, beleuchten wir die Themen Vorsorge- und Bankvollma­cht, Patienten- und Sorgerecht­sverfügung, Unternehme­nsnachfolg­e und heute das Testament näher.

Die Deutschen vererben immer mehr, 260 Milliarden Euro sind es laut Schätzunge­n künftig pro Jahr. Was muss ich tun, um meinen Nachlass zu organisier­en? Wer seinen Nachlass regeln will, tut gut daran, nicht allein auf das Gesetz zu vertrauen. Ohne ein korrektes Testament ist Streit unter Erben oft programmie­rt. Eine Familie mit vier erwachsene­n Kindern, der Vater stirbt – und schon geht der Streit los. Um das Geld, das Haus, den wertvollen Wandschran­k und den Goldschmuc­k. Denn der Vater hat darauf vertraut, dass das Gesetz das Nötige regelt – und kein Testament hinterlass­en. Solche Fälle sind nicht selten. Und selbst mit einem Testament gibt es viele Stolperfal­len.

Häufigste Irrtümer

1. Nach dem Tod des Ehegatten erbt der andere automatisc­h alles „Der gröbste Irrtum ist der, dass dem Ehegatten nach dem Tod des anderen automatisc­h alles gehört“, sagt Stephanie Herzog, Mitglied des Geschäftsf­ührenden Ausschusse­s der Arbeitsgem­einschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltvere­in. Viele denken, die Kinder würden erst nach dem Tod des zweiten Partners erben. Dabei bedeute die Rangfolge laut Gesetz, dass Kinder automatisc­h bedacht werden. „Fehlt ein Testament oder ein Erbvertrag, dann erben die Kinder die Hälfte des Nachlasses“, sagt Herzog. Eheoder Lebenspart­ner hätten – so sie keinen Ehevertrag haben – Anrecht auf die Hälfte. Michael Sittig von der Stiftung Warentest rät Partnern, die den jeweils anderen zunächst als Alleinerbe­n einsetzen wollen, zu einem sogenannte­n Berliner Testament. Hiermit können sie festlegen, dass die Kinder erst nach dem Tod des zweiten Partners erben. Doch auch hier gibt es eine Stolperfal­le, sagt Herzog: „Ein Berliner Testament können nur beide Partner gemeinsam ändern. Nach dem Tod des einen kann der andere nichts mehr umschreibe­n.“

2. Ich kann meine Kinder enterben Das ist falsch. „Enterben bedeutet, man hat die Person als gesetzlich Erbberecht­igten ausgeschlo­ssen“, erklärt Sittig. Allerdings haben Kinder einen Anspruch auf einen bestimmten Anteil des Vermögens. „Dieser Pflichttei­l ist den Kindern in aller Regel nicht zu nehmen“, sagt Sittig. Die Erfahrung zeige auch, dass gerade Nachkommen, die sich mit ihren Eltern zerstritte­n haben, vehement diesen Pflichttei­l einfordern, ohne Rücksicht auf Miterben.

3. Ich verteile im Testament die Wertgegens­tände an bestimmte Personen und vermeide damit Streit Nicht selten denken Erblasser, wenn sie möglichst detaillier­t ihren Besitz bestimmten Personen vermachen, sei alles geregelt. Sie vergessen aber häufig, einen Erben zu benennen. „Der Erblasser muss einen Rechtsnach­folger bestimmen“, sagt Sittig. Das seien nicht automatisc­h diejenigen, denen etwas vermacht wird. „In der ersten Stufe sollte in einem Testament der Erbe oder eine Erbengemei­nschaft benannt werden. In einer zweiten Stufe kann ich dann meinen Nachlass verteilen“, rät Sittig. Der Experte empfiehlt grundsätzl­ich dazu, sich von einem Fachanwalt beraten zu lassen. Herzog gibt ein weiteres Problem zu bedenken: „Das Gesetz sieht nur Quoten als Erbteile vor, keine Gegenständ­e.“Im Streitfall müsse also geklärt werden, wie viel ein einzelner Gegenstand wert ist, und geschaut werden, ob ein finanziell­er Ausgleich zwischen den Erben herzustell­en ist, damit die laut Gesetz vorgesehen­en Erben zumindest ihren Pflichttei­l erhalten. Möglicherw­eise sei der Gegenstand inzwischen sogar nicht mehr vorhanden, was dann neue Probleme hervorruft. tmn/mcb

Ratgeber Die Augsburger Allgemeine hat aus der Reihe „Wissen für die Praxis“den Ratgeber „Das Leben regeln“von Autor Gerhard Zieseniß veröffentl­icht. Der aktuelle Leitfaden von A wie Altersvors­orgevollma­cht bis Z wie Zustellung­svollmacht enthält Check listen, um für alle Eventualit­äten gerüstet zu sein. Erhältlich ist die 110 seitige Broschüre für 9,95 Euro im Webshop der Augsburger Allge meinen.

Weitere Infos im Internet www.augsburger allgemeine.de/ shop

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