Mittelschwaebische Nachrichten

Die Sorgenkind­er von der Wiese

Im Schwäbisch­en Donaumoos tun sich einige Tiere immer schwerer. Andere haben die Region neu oder wieder für sich entdeckt. Ein Reptil versteckt sich besonders gut

- VON KATHARINA INDRICH

Günzburg/Gundelfing­en Sie ist so etwas wie das Phantom des Donaumoose­s. Seit den 1960er-Jahren ist sie immer wieder einmal gesichtet worden. Sie weiß, wie sie sich unsichtbar macht. Die europäisch­e Sumpfschil­dkröte. Ein einziges Mal ist es gelungen, sie auf ein Foto zu bannen. Im Landesgren­zgraben hat man sie erwischt. 2010 war das. Seither – keine Spur von ihr. Keiner weiß daher genau, ob es im Donaumoos ein bodenständ­iges Vorkommen der Tiere gibt. Oder ob es ausgesetzt­e Schildkröt­en waren, die dort erwischt wurden. „Der Lebensraum wäre der richtige. Aber sie sind einfach extrem selten“, sagt Dr. Ulrich Mäck, Chef der Arge Donaumoos. „Aber wenn wir hier eine echte Population hätten, wäre das der Hammer.“

Ähnlich sieht er die Sache in Sachen Fischotter. Der lebte nachweisli­ch noch im 19. Jahrhunder­t in unserer Region, wurde gnadenlos bejagt und schließlic­h ausgerotte­t. Auch für den Otter, der saubere Gewässer liebt, seien die Lebensbedi­ngungen hier gut. Und nachdem das putzige Kerlchen mittlerwei­le wieder im Freistaat heimisch ist, ist es nicht ausgeschlo­ssen, dass er auch irgendwann wieder den Weg in die Landkreise Dillingen und Günzburg findet.

So wie die Seeadler, die im Winter regelmäßig am Faiminger Stausee vorbeischa­uen und ebenfalls bis ins 19. Jahrhunder­t zur Landschaft gehörten. Oder aber die Kraniche, die seit einigen Jahren auf ihrem Zug an der Donau Station machen. Zwischendr­in hat es jeweils ein Pärchen auch mal mit längeren Aufenthalt­en Ob dann an der Donau tatsächlic­h kleine Kraniche und Seeadler geschlüpft sind, kann keiner sagen. Grundsätzl­ich zeige aber auch die Stippvisit­e, dass der Lebensraum für die Vögel attraktiv ist. Das war er auch lange Zeit für den Großen Brachvogel. In den 60erversuc­ht. Jahren wurden im Donaumoos noch 31 Brutpaare gezählt. Doch der Bestand nahm immer stärker ab. Im Gundelfing­er Moos gibt es seit vier Jahren kein Brutpaar mehr, im Langenauer Ried zwischen zwei und vier. „Darauf kann man sich nicht ausruhen. Die können nächstes Jahr schon weg sein.

Das ist wirklich ein tragisches Kapitel“, sagt Mäck. Das Problem: Der Große Brachvogel lässt sich ungern in vom Naturschut­z extra gestaltete­n Gebieten nieder. Er liebt landwirtsc­haftlich genutzte Flächen. Doch dort ist das Gras viel dichter als früher, sodass er schlechter an die Insekten kommt. Dazu kommt, dass die Flächen häufiger gemäht und insgesamt intensiver genutzt werden als früher. Ein Umstand, der auch dem Kiebitz zu schaffen macht. „Die gab es früher bei uns wie die Spatzen“, sagt Mäck. Mitte der 90er-Jahre wurden im Donaumoos noch 120 Brutpaare kartiert. Letztes Jahr waren es noch 29. Auch der Kiebitz tut sich mit den dichten Wiesen schwer. Deshalb ist er einfach auf die lichteren Maisstoppe­läcker umgezogen. Doch dort muss der Mais eigentlich gesät werden, bevor der Nachwuchs weglaufen kann.

In einem Biodiversi­tätsprogra­mm, gemeinsam mit der Regierung von Schwaben, versucht die Arge Donaumoos deshalb seit einigen Jahren Landwirte dafür zu gewinnen, in sogenannte­n „Kiebitzfen­stern“nasse, offene Flächen, die für den Vogel interessan­t sind, nicht oder erst später zu bebauen. Denn im zeitlichen Ablauf liegt der Knackpunkt. Das zeigte sich im Jahr 2013. Da schoss die Zahl der Brutpaare im Donaumoos unerwartet in astronomis­che Höhen, nur um im Jahr darauf wieder stark abzusinken. Die Experten machten für diese Spitze schließlic­h das extrem nasse Frühjahr 2013 aus. Damals konnten die Landwirte erst im Mai auf ihre Felder. Und da waren die kleinen Kiebitze schon mobil. Deswegen ist Mäck hoffnungsv­oll, dass man mit dem Programm hier etwas erreichen kann. So wie es mit der Bekassine schon gelungen ist. In den 60er-Jahren gab es im Moos noch 40 Brutpaare. Dann sanken auch hier die Zahlen drastisch. 1997 waren es noch sieben. Doch die Bekassine profitiert­e von der Wiedervern­ässung im Moos. Und von gezielter Entbuschun­g. Denn die Wiesenbrüt­er haben immer Angst, dass hinter der nächsten Hecke der Fuchs lauern könnte. „Sie wollen weit sehen.“Das können sie nun in bestimmten Gebieten. Und so wurden 2016 insgesamt 47 Brutpaare gezählt – während die Zahl der Vögel bundesweit um die Hälfte zurückgega­ngen ist. Von der anstehende­n Wiedervern­ässung des Gundelfing­er Mooses könnte die Bekassine noch einmal profitiere­n. „Wir hoffen, dass wir einen stabilen Bestand bekommen, der von dort aus auswandern kann.“

Da werden sich die winzigen Eiszeitame­isen, die 2010 im Leipheimer Moos gefunden wurden, eher schwertun. Ganz begeistert sei der Experte gewesen, als er sie dort gefunden hatte.

Denn in ganz Süddeutsch­land gebe es kein derart großes Vorkommen. Für Mäck ist das eine besondere Auszeichnu­ng. Denn die kleinen Krabbler, die sich bei Hochwasser zu einer Kugel formieren und gemeinsam umhertreib­en, wohnen nur in Mooren, die eine gewisse Qualität haben. Insofern, sagt Mäck, sei das große Vorkommen der Eiszeitame­ise ein Gütezeiche­n für das Donaumoos.

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Foto: Patrick Pleul, dpa Alle paar Jahre wurde im Donaumoos ein Exemplar der europäisch­en Sumpfschil­dkröte gesichtet. Sie ist extrem selten und be droht.
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Foto: Rudolf Schmidt Der Kiebitz war einst häufig und hat es zunehmend schwer.

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