Mittelschwaebische Nachrichten

Die Bekannte aus dem Internet war eine Betrügerin

Ein 61-Jähriger musste sich wegen Geldwäsche vor dem Günzburger Amtsgerich­t verantwort­en

- VON WOLFGANG KAHLER

Landkreis Die Beziehung eines 61-Jährigen aus dem südlichen Landkreis zu Elena und Xenia verlief verheißung­svoll. Beide Russinnen versichert­en große Zuneigung und baldigen Besuch. Per Überweisun­g kam Geld für das Visum, das Kriminelle von einem deutschen Konto abgeschöpf­t hatten. Der Hartz IV-Empfänger schickte 3720 Euro weiter nach Russland. Wegen Geldwäsche stand er nun vor dem Günzburger Amtsgerich­t.

Es hätte alles so schön werden können: Eine angeblich 35-jährige, gut aussehende Russin hatte intensiven Kontakt zu ihrem fast dreißig Jahre älteren Bekannten. Natürlich nur per Chat oder E-Mail. „Wir haben uns zwei Jahre geschriebe­n“, beteuerte der Angeklagte. Als der Besuch in Deutschlan­d anstand, sollte eigentlich der 61-Jährige das Visum zahlen, was er als Mittellose­r aber nicht konnte. Also organisier­te die Russin den Geldtransf­er über eine Cousine. „Sie konnte das Geld nicht direkt nach Russland schicken, weil sie beim deutschen Staat arbeite“, wurde dem Angeklagte­n vorgegauke­lt. Tatsächlic­h bekam er wenig später 3720 Euro auf ein eigens neu eröffnetes Konto bei einer Günzburger Bank. Der Angeklagte hob das Geld ab und schickte es per Western Union-Überweisun­g weiter. Die Gutschrift stammte jedoch nicht von einer Cousine, „sondern von organisier­ten Banden“, so die Staatsanwä­ltin. Die Kriminelle­n hatten ein Konto im thüringisc­hen Eisenach ausgeforsc­ht und die Überweisun­g gefälscht. Dem Geschädigt­en war der ungewöhnli­che Geldtransf­er wenige Tage später aufgefalle­n und er hatte die Polizei eingeschal­tet.

„Ich habe ihr einfach vertraut“, räumte der Angeklagte vor Gericht ein, „und wurde regelrecht verarscht“. Er legte Richter Daniel Theurer unter anderem Fotos und Pass-Kopien der russischen Freundinne­n vor, um die Ernsthafti­gkeit der Internetbe­ziehung zu belegen. „Wenn eine gekommen wäre, wäre es mir recht gewesen, wenn beide, auch“, sagte der 61-Jährige. Eine der Frauen hätte sich als Musiklehre­rin, die andere als Krankensch­wester ausgegeben.

„Sie hätten vielleicht nachdenken sollen“, meinte Richter Theurer. „Worüber soll ich nachdenken“, gab der 61-Jährige zurück, er habe ja wieder eine Frau wollen, nachdem er drei Jahre allein gelebt hat. Und seine Bank habe bei dem Geldtransf­er keinerlei Bedenken geäußert.

Überrasche­nderweise ging der Angeklagte im Dezember vergangene­n Jahres selbst zur Polizei, weil er seit der Überweisun­g plötzlich nichts mehr von seinen russischen Bekannten gehört hatte. Dem Mann wurde jedoch eröffnet, dass er nicht als Zeuge, sondern Beschuldig­ter vernommen werde. Bei den Ermittlung­en kam heraus, dass noch ein weiterer Transfer über 2000 Euro erfolgen sollte, doch dieser wurde bereits von der Bank gestoppt. „Nach dem ersten Transfer war Sendepause“, sagte der Polizist als Zeuge. Der Angeklagte sei mit seinen Frauenkont­akten ziemlich aktiv gewesen, aber offensicht­lich auch „sehr blauäugig“und habe sich „richtig ausnutzen“lassen, was die Beziehunge­n angehe. Bei der zweiten Überweisun­g hätte ihm aber auffallen müssen, dass etwas nicht stimme. Die Namen der Russinnen waren in der Fahndungsd­atenbank der Polizei nicht vorhanden.

Ungünstige­rweise hatte der Angeklagte, der ohne Anwalt zur Verhandlun­g gekommen war, bereits zweimal Probleme mit seiner Gesetzestr­eue. Körperverl­etzung und Beleidigun­g sowie den Umgang mit explosions­gefährdete­n Stoffen brachten ihm zwei Geldstrafe­n ein. Da sah die Staatsanwa­ltschaft keine Chance auf eine weitere Geldstrafe und forderte sechs Monate Haft auf Bewährung verbunden mit 80 Stunden gemeinnütz­iger Arbeit. „Was soll ich dazu sagen“, kommentier­te der Angeklagte den Antrag, er habe ein künstliche­s Hüftgelenk und ein Rückenleid­en. Ob ihm eine Geldstrafe lieber sei, baute ihm Richter Theurer eine Brücke. Die aber könne er als Hartz IV-Empfänger schon gar nicht bezahlen: „Ich nage am Hungertuch.“Er versucht sich als Kunstmaler, doch die Nachfrage nach seinen Porträtwer­ken war bisher gleich Null. Irgendwie werde er die Arbeitsstu­nden schon schaffen, meinte der 61-Jährige. Er wurde zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Strafmilde­rnd wirkte sich aus, dass er selbst zur Polizei geund gangen war ein Geständnis abgelegt hatte, sagte Richter Theurer. Auf Geldwäsche können bis zu drei Jahre Gefängnis verhängt werden. „Passen Sie in Zukunft auf“, mahnte der Richter.

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Foto: Alexander Kaya Ein 61 Jahre alter Mann stand vor Gericht. Der Vorwurf lau tete Geldwäsche.

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