Mittelschwaebische Nachrichten

Wenn das Ehrenamt zur Last wird

Der Psychother­apeut Martin Uhl leitet einen Workshop zum Thema Burn-out. Er erklärt, warum immer wieder auch freiwillig­e Helfer darunter leiden – und wie sie sich schützen können

- VON ARIANE ATTRODT Symbolfoto: Marijan Murat/dpa

Neu Ulm Am Anfang stürzt man sich voller Motivation in die Arbeit, am Ende fühlt man sich ausgebrann­t: Das Erschöpfun­gssyndrom Burnout ist heutzutage kein seltenes Krankheits­bild mehr. Doch nicht nur der Beruf kann Auslöser dafür sein, auch die ehrenamtli­che Arbeit kann dazu führen. Martin Uhl ist Psychother­apeut und Leiter der psychologi­schen Beratungss­telle für Ehe-, Familien- und Lebensfrag­en in Neu-Ulm. Am kommenden Freitag, 10. März, leitet er in Neu-Ulm einen Workshop zum Thema „Burn-out und Erschöpfun­g – Wie kann ich mich auch in der ehrenamtli­chen Arbeit davor schützen?“Uhl erklärt, dass der Begriff Burn-out ursprüngli­ch aus der ehrenamtli­chen Arbeit kommt: Der Psychologe und Psychoanal­ytiker Herbert Freudenber­ger, der den ersten wissenscha­ftlichen Artikel über das Syndrom geschriebe­n hat, hat damals in einer Drogenhilf­eeinrichtu­ng mit Ehrenamtli­chen zusammen gearbeitet.

Uhl sagt: „Die Ehrenamtli­chen waren zu Beginn mit viel Elan dabei. Aber wer mit Drogenabhä­ngigen arbeitet, erlebt immer wieder Rückschläg­e, weil er zum Beispiel angelogen wird.“Irgendwann kippte deshalb die Stimmung: Die Freiwillig­en waren zynisch, leicht reizbar und unzufriede­n. Denn, man müsse bei der Arbeit das Gefühl haben, etwas zurückzube­kommen, sagt Uhl. Sonst erlebt man sie irgendwann nicht mehr als sinnvoll, sondern nur noch als Zwang. „Viele der Ehrenamtli­chen in der Drogenhilf­e haben dann mit der Arbeit aufgehört – oder sind zusammenge­brochen.“Der Begriff Burn-out ist in Anleh- an das Bild eines innen ausgebrann­ten Hauses entstanden, wie Uhl erklärt: „Von außen sieht es ganz normal aus, aber innen ist es unbewohnba­r.“Konkrete Zahlen, wie viele Ehrenamtli­che darunter leiden, gibt es nicht. „Die meisten hören entweder auf oder werden krank, ohne dass man die genaue Diagnose festhält“, sagt Uhl. Der Workshop am kommenden Freitag richtet sich laut Ankündigun­g vor allem an Ehrenamtli­che, die sich im Flüchtling­sbereich engagieren. Uhl kann sich vorstellen, dass es bei dieser Arbeit auch viel um Umgrenzung geht: „Oft haben Flüchtling­e eine sehr schwere Geschichte hinter sich und sind von ihren Familien getrennt. Wenn man mit schwer belasnung teten Menschen arbeitet, übertragen sich oft deren Gefühle auf einen selbst.“Man fühle sich schlecht und wisse eigentlich gar nicht, warum. Uhl betont jedoch, dass der psychische Stress oft aus der Kombinatio­n verschiede­ner Faktoren entsteht, wenn zum Beispiel neben der vielen Arbeit auch private Probleme vorliegen. Vorbeugen können Freiwillig­e, in dem sie gezielt Pausen machen, „auch, wenn man das Gefühl hat, die nächste Aufgabe sei ganz wichtig“. Das Ehrenamt, so Uhl, sollte man als „profession­elle Arbeit“ansehen. Denn diese zeichne sich dadurch aus, dass man sie zur Freizeit abgrenze: „Man muss sich klarmachen: Ich bin für diese Aufgabe da und danach ist Feierabend.“

Kontakt Die Teilnahmem­öglichkeit am Workshop „Burn out und Erschöp fung – Wie kann ich mich auch in der eh renamtlich­en Arbeit davor schützen?“ist begrenzt. Die Anmeldung läuft bis Freitag, 10. März, und erfolgt bei Pia Eble vom Malte ser Hilfsdiens­t unter Telefon 0731/725656 19 oder per E Mail an pia eble@malteser.org

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Menschen, die unter dem Erschöpfun­gssyndrom Burn out leiden, haben oft extrem hohe Erwartunge­n an sich selbst und arbeiten lange Zeit an ihrer Leistungsg­renze – bis es nicht mehr geht.
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Martin Uhl

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