Mittelschwaebische Nachrichten

Nur bezahlen, was wirklich gebaut ist

Was bei Bauträgerv­erträgen zu beachten ist

- VON THOMAS SCHMITT immobilien@augsburger allgemeine.de

Bauträgerv­erträge haben Vor- und Nachteile. Der Aussicht auf ein „Rundum-sorglos-Paket“für das Eigenheim stehen fehlende Mitsprache­rechte und finanziell­e Risiken gegenüber. Dass diese überwiegen können, zeigt ein aktuelles Beispiel. Kürzlich ließ sich ein Bauträger von seinem Auftraggeb­er einen noch nicht erreichten Bautenstan­d bestätigen und rang ihm eine entspreche­nde Zahlungsan­weisung ab. Es handele sich doch nur um eine Formalie, so der Bauträger, und der Erwerber könne doch wohl schon einmal unterschre­iben. Ein solches Vorgehen erfüllt allerdings unter Umständen den Betrugstat­bestand, wenn ein Bauträger dem Erwerber einen tatsächlic­h nicht erreichten Bautenstan­d vortäuscht und von den Erwerbern dann auch noch eine Bestätigun­g und entspreche­nde baufortsch­rittabhäng­ige Abschlagsz­ahlung verlangt.

Gerät der Bau im Verlauf eines Bauvorhabe­ns ins Stocken, etwa aufgrund von Liquidität­sengpässen des Bauträgers, sind vorzeitig gezahlte Raten gefährdet. Droht dem Bauträger sogar die Insolvenz, ist der Verbleib des Geldes fraglich. Ein gerichtlic­h eingesetzt­er Insolvenzv­erwalter könnte zwar die Erfüllung des Bauträgerv­ertrags wählen, den Bau und damit auch die betreffend­e Eigentumsw­ohnung also noch fertigstel­len und mögliche Mängel beseitigen. Allerdings kann er dann – baufortsch­rittsabhän­gig gemäß dem notariell vereinbart­en Ratenplan – sämtliche zur Restfertig­stellung noch offenen Raten verlangen. Die vom Erwerber vorzeitig geleistete­n Zahlungen werden zu ganz gewöhnlich­en Insolvenzf­orderungen, die zur Insolvenzt­abelle anzumelden sind. In einem solchen Fall zahlt der Erwerber praktisch doppelt, da er im besten Fall nur noch eine zugeteilte Quote an der Insolvenzm­asse erhält.

Plötzlich Betrüger

Erwerber von Bauträgero­bjekten finanziere­n ihr Bauvorhabe­n meist über ein Darlehen. Im geschilder­ten Fall kann die darlehensg­ebende Bank den Erwerber sogar wegen Beteiligun­g an einem Betrug belangen. Denn in der Regel lässt die Darlehensg­eberin das Darlehen durch eine eingetrage­ne Grundschul­d im Wohnungsei­gentumsgru­ndbuch dinglich sichern. Eine weitere Möglichkei­t ist die Pfändung der Auflassung­svormerkun­g des Erwerbers für den betreffend­en Miteigentu­msanteil am noch ungeteilte­n Grundstück. Erfolgt eine vorzeitige, also nicht baufortsch­rittsgemäß­e Auszahlung, bleibt das Darlehen insoweit ungesicher­t. Die Vorlage des falschen Bautenstan­dsberichts ist eine Täuschung, aus der sich ein Schaden für die Dar- lehensgebe­rin ergibt, den sie zur Anzeige bringen kann. Ist auch der Bauträger über eine Bank finanziert, ergeben sich Rechte des Erwerbers aus dem Freigabeve­rsprechen dieser Globalgläu­bigerin. Denkbar ist, dass die Bank des Bauträgers das betreffend­e Wohnungsei­gentum aus der Haftung entlässt. Sodann muss der Erwerber den Bauträger auf Zustimmung zur Umschreibu­ng des Eigentums im Grundbuch (bei erklärter Auflassung im Bauträgerv­ertrag) oder auf Auflassung verklagen.

Es ist auch möglich, dass die Globalgläu­bigerin dem Erwerber alle gezahlten Raten bis zum anteiligen Wert des Vertragsob­jekts ohne Zinsen zurückzahl­t. In diesem Fall muss der Erwerber, wenn ihm kein Zurückbeha­ltungsrech­t zusteht, im Gegenzug zur Rückzahlun­g der Raten die Löschung der zu seinen Gunsten eingetrage­nen Auflassung­svormerkun­g bewilligen.

Rückzahlun­g ist Chefsache

Hat der Bauträger das Projekt nicht finanziert und ist er noch greifbar, sollte der Erwerber nicht nur vom Bauträger, sondern in Gesamtschu­ld auch von dessen Geschäftsf­ührer oder Vorstand persönlich die Rückzahlun­g der vorzeitig gezahlten Raten verlangen. Die Frist dafür sollte möglichst kurz bemessen sein. Grundlage ist ein Verstoß gegen die Makler- und Bauträgerv­erordnung (MaBV), die zwar für Bauträger, nicht aber für Erwerber gilt. Zahlt der Bauträger beziehungs­weise dessen persönlich haftende Geschäftsf­ührer die unrechtmäß­ig entgegenge­nommenen Beträge nicht fristgerec­ht zurück, muss entspreche­nd geklagt werden. Dabei können auch Zinsen ab vorzeitige­r Entgegenna­hme der Raten sowie Auskunft über die zwischenze­itlich hieraus gezogenen Nutzungen verlangt werden. Erwerber sollten hier alle gesetzlich­en Möglichkei­ten ausschöpfe­n und auch Schäden durch Verzug und Nutzungsau­sfall geltend machen.

Überdies ist anzuraten, auch die gerichtlic­he Feststellu­ng zu erwirken, dass der Rückzahlun­gsanspruch gegenüber dem persönlich haftenden Beklagten aufgrund vorsätzlic­her unerlaubte­r Handlung besteht, um einer Restschuld­befreiung vorzubeuge­n. Abzuraten ist allerdings insoweit von einem Rücktritt vom Bauträgerv­ertrag, weil der Erwerber dadurch den Schutz der Auflassung­svormerkun­g verlieren würde.

Zu prüfen ist im Einzelfall auch ein möglicher Verstoß gegen das Bauforderu­ngssicheru­ngsgesetz (BauFordSiG), aus dem sich ein weiterer Direktansp­ruch gegen den oder die Geschäftsf­ührer beziehungs­weise den Vorstand persönlich ergeben kann. Denn Bauträgere­rwerbsprei­sraten sind als Baugeld im Sinne des BauFordSiG anzusehen, sodass auch der Geschäftsf­ührer oder Vorstand der Bauträgerg­esellschaf­t persönlich haftet, wenn er die vom Erwerber gezahlten Raten zweckwidri­g verwendet und deshalb eine dem Baugläubig­er zustehende Werklohnfo­rderung nicht erfüllt wird. Vertretbar erscheint, auch den Erwerber vom Bauträger in den Schutzbere­ich des BauFordSiG einzubezie­hen.

Am besten sollte man es gar nicht erst so weit kommen lassen. Erwerber sollten Bautenstan­dsberichte vom Bauträger immer gründlich und am besten unter Zuhilfenah­me eines Bausachver­ständigen und Bauanwalts prüfen und kritisch hinterfrag­en. Keinesfall­s sollten Erwerber vorzeitige Auszahlung­sanweisung­en gegenüber der Darlehensg­eberin veranlasse­n.

Der Autor ist Partner der Kanzlei JuS Rechtsanwä­lte in Augsburg und Fachanwalt für Bau- und Architekte­nrecht sowie Schlichter nach SOBau des Deutschen Anwaltvere­in (DAV).

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Foto: Alexander Raths, Fotolia.com Bauträgerv­erträge sollten kritisch hinterfrag­t werden. Erwerber einer Immobilie soll ten sich zudem zu nichts drängen lassen.

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