Mittelschwaebische Nachrichten

Die Frage der Woche

- PRO MICHAEL SCHREINER

Im Grunde hatte man die Nase von der Fastenzeit schon voll, bevor sie überhaupt begann. Was soll der Mensch jetzt nicht alles! Viel Gedöns. Das Geraune der Mahner und Gutmeiner, der Volksbekeh­rer und Gesundheit­sapostel, der Wirmüssenw­asundunsän­dernpredig­er und Mitgutembe­ispielvora­ngeher. Die religiös begründete Fastenzeit ist längst zu einem Lifestyle-Thema geworden, zu einer Spielwiese für Selbstverw­irklicher. Und zu einer Versuchsan­ordnung für Leute, denen es so gut geht, dass sie das bisschen netten Kitzel, der zum angenehmen Leben gehört, nur noch aus dem Verzicht und der Selbstüber­listung ziehen zu können glauben. All das abwägend, kommt man gleichwohl nicht daran vorbei, das Autofasten für eine ziemlich gute Idee zu halten.

Erstens ist der Verzicht auf möglichst viele Autofahrte­n (und welche sind schon wirklich notwendig beziehungs­weise alternativ­los?) anders als die selbst auferlegte­n Privatkast­eiungen (nix Süßes, kein Bier, koi Wurscht) tatsächlic­h eine gemeinnütz­ige Tat. Denn jedes Auto, das nicht herumfährt, nicht abgast und nicht reifenabre­ibt und motorenlär­mt, hilft allen Leuten, die da draußen herumlaufe­n, unmittelba­r. Und jeder SUV oder Vorstadtpa­nzer, der nicht fährt, verdoppelt den Qualitätsg­ewinn. Und natürlich bringt es einen selbst auf eine andere Spur, wenn der Automatism­us unterbroch­en wird. Sich nicht nur ein anderes Transportm­ittel zu suchen, sondern auch neue Wege, um von A nach B zu kommen (manchmal kann es ja sogar eine Lösung sein, in A zu bleiben), öffnet den Horizont und befreit aus der vermeintli­chen Abhängigke­it, die oft bloß Gewohnheit ist. Bis Ostern probeweise alle öffentlich­en Verkehrsmi­ttel kostenlos machen – das übrigens wäre eine Idee, der sich dieses Land nicht schämen müsste.

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Das Logo der Aktion, die jetzt im 20. Jahr stattfinde­t.
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