Mittelschwaebische Nachrichten
Die Frage der Woche
Im Grunde hatte man die Nase von der Fastenzeit schon voll, bevor sie überhaupt begann. Was soll der Mensch jetzt nicht alles! Viel Gedöns. Das Geraune der Mahner und Gutmeiner, der Volksbekehrer und Gesundheitsapostel, der Wirmüssenwasundunsändernprediger und Mitgutembeispielvorangeher. Die religiös begründete Fastenzeit ist längst zu einem Lifestyle-Thema geworden, zu einer Spielwiese für Selbstverwirklicher. Und zu einer Versuchsanordnung für Leute, denen es so gut geht, dass sie das bisschen netten Kitzel, der zum angenehmen Leben gehört, nur noch aus dem Verzicht und der Selbstüberlistung ziehen zu können glauben. All das abwägend, kommt man gleichwohl nicht daran vorbei, das Autofasten für eine ziemlich gute Idee zu halten.
Erstens ist der Verzicht auf möglichst viele Autofahrten (und welche sind schon wirklich notwendig beziehungsweise alternativlos?) anders als die selbst auferlegten Privatkasteiungen (nix Süßes, kein Bier, koi Wurscht) tatsächlich eine gemeinnützige Tat. Denn jedes Auto, das nicht herumfährt, nicht abgast und nicht reifenabreibt und motorenlärmt, hilft allen Leuten, die da draußen herumlaufen, unmittelbar. Und jeder SUV oder Vorstadtpanzer, der nicht fährt, verdoppelt den Qualitätsgewinn. Und natürlich bringt es einen selbst auf eine andere Spur, wenn der Automatismus unterbrochen wird. Sich nicht nur ein anderes Transportmittel zu suchen, sondern auch neue Wege, um von A nach B zu kommen (manchmal kann es ja sogar eine Lösung sein, in A zu bleiben), öffnet den Horizont und befreit aus der vermeintlichen Abhängigkeit, die oft bloß Gewohnheit ist. Bis Ostern probeweise alle öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos machen – das übrigens wäre eine Idee, der sich dieses Land nicht schämen müsste.