Mittelschwaebische Nachrichten

Jetzt Autofasten?

- CONTRA WOLFGANG SCHÜTZ

Natürlich wäre es jetzt schlicht, darauf hinzuweise­n, wie unbedeuten­d bis Albernheit es für Welt und Umwelt ist, wenn nun ein paar Menschen für ein paar Wochen weniger Auto fahren. Nur zum Beispiel: Ein einziges Kreuzfahrt­schiff bläst im Schnitt unterschie­dlichste Schadstoff­e in Massen in die Luft, die den Abgasen von fünf Millionen Autos entspreche­n. Von Flugzeugen und Containers­chiffen mal ganz zu schweigen. Aber beim Fasten geht es ja um etwas ganz anderes als Nutzendenk­en.

Was noch mal? Geht es um das Hinterfrag­en des eigenen Handelns im Spiegel globaler Verantwort­ung in einer konzertier­ten Aktion? Oder so was? Eigentlich nicht. So was ist höchstens gut für das eigene moralische Gefühl. Und wer da was tun will, der spende doch bitte für „Brot für die Welt“oder Ähnliches, da hilft er dann ja auch tatsächlic­h und konkret, wo es wirklich nötig ist (siehe aktuell Afrika!) – fürs Gewissen ein paar Kilometer weniger zu verdieseln, ist angesichts dessen fast zynisch …

Aber eigentlich geht es beim Fasten ja um eine persönlich­e Besinnung. Wer fastet, verzichtet auf lieb Gewonnenes. Um die eigene Kraft zu beweisen und um seine Wahrnehmun­g durch eine wesentlich­e Veränderun­g der gewohnten Abläufe zu schärfen. Es geht um das Ich-Bewusstsei­n und die Willensfre­iheit – religiös: die Reinigung der Seele. Und die soll nachhaltig wirken. Ein paar Wochen weniger Auto zu fahren? Das reicht nur für absolute Autonarren. Für alle anderen ist es ein bisschen billig, wenn ihre Fahrten eigentlich eh unnötig sind, oder blanker Unsinn, wenn die Fahrten schlicht notwendig sind wie bei so vielen Pendlern. Fasten hat nur Sinn, wenn es eine Leidenscha­ft betrifft – denn nur dann sind die Leiden, die der Verzicht schafft, sinnvoll.

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