Mittelschwaebische Nachrichten
Am Berliner „Fluchhafen“fliegen nur die Chefs
Auch Karsten Mühlenfeld bekommt das Chaos nicht in den Griff. Nachfolger wird ein Städteplaner
Berlin Am Chaos um den Pannenflughafen Berlin-Brandenburg, kurz BER, ist auch der dritte Chef gescheitert: Karsten Mühlenfeld räumt nach nur zwei Jahren im Amt vorzeitig seinen Posten. Sein Nachfolger wird der Berliner Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup. Die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg, die seit 2006 im brandenburgischen Schönefeld am neuen Hauptstadt-Airport baut, gehört den Ländern Berlin und Brandenburg sowie dem Bund. Der Flugbetrieb hätte laut Plan bereits 2011 beginnen sollen. Doch aufgrund einer inzwischen sprichwörtlichen Serie von Bau- und Planungsfehlern wurde die Eröffnung mehrfach verschoben, ein endgültiger Starttermin steht auch weiterhin nicht fest.
Die Hoffnungen waren groß, als Mühlenfeld sich 2015 daranmachte, die BER-Mängellisten abzuarbeiten, die viele tausend Punkte enthalten. Es geht etwa um verschwundene Kabelstränge, gravierende Fehler in der Brandschutzanlage oder Automatiktüren, die nicht funktionieren. Vor wenigen Wochen musste Mühlenfeld nun einräumen, dass eine Eröffnung auch 2017 nicht zu schaffen sei. Als Schuldigen präsentierte der BER-Geschäftsführer seinen Technikchef Jörg Marks – und feuerte den als sehr kompetent geltenden Mann postwendend. Doch dies geschah gegen den erklärten Willen des Aufsichtsrats. Mühlenfeld, so die Einschätzung eines Flughafen-Insiders gegenüber unserer Zeitung, hatte offenbar geglaubt, mit dieser Eigenmächtigkeit durchzukommen. Er sollte sich täuschen. So überstand der angeschlagene BER-Chef eine Sitzung des Aufsichtsrats vergangene Woche zunächst wohl nur, weil kein geeigneter Nachfolger in Sicht schien.
Doch in dem Gremium hatten sich die Vertreter von Berlin und Bund kategorisch gegen Mühlenfeld ausgesprochen. Nur das Land Branmehr denburg hielt noch an dem Manager fest. In den vergangenen Tagen wurde aber deutlich, wie schwer Mühlenfeld durch die Diskussion um mögliche Fehler in seinem Ansehen und in seiner Autorität beschädigt worden war.
Vor allem das Vertrauensverhältnis zum Aufsichtsratsvorsitzenden, Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD), galt als nicht mehr zu kitten. Brandenburg gab seinen Widerstand gegen eine Ablösung auf. Bereits am Wochenende hat Mühlenfeld der Auflösung seines noch bis 2020 laufenden Arbeitsverhältnisses zugestimmt. Nach Medienberichten soll Mühlenfeld sein Jahresgehalt von 500 000 Euro noch bis Ende des Jahres in voller Höhe erhalten. Über weitere Details, etwa die Höhe einer möglichen Abfindung, wurde zunächst nichts bekannt.
Mühlenfelds Nachfolger wird der 60-jährige Engelbert Lütke Daldrup, ein Städteplaner mit Erfahrung in Großprojekten. Der Staatssekretär kennt die BER-Baustelle als bisheriger Berliner Flughafenkoordinator gut. Und der von Mühlenfeld entlassene Technikchef Jörg Marks soll zurückgeholt werden. Auf ihm und Lütke Daldrup ruhen die Hoffnungen, dass der Flughafen nun möglichst bald doch noch in Betrieb geht. Sicher scheint bislang nur: Es wird mindestens 2018 werden. Wie sich der erneute Wechsel des Geschäftsführers auf die BERFinanzen auswirken wird, ist ebenfalls unklar. Die ursprünglich errechneten Kosten von einer Milliarde Euro haben sich inzwischen mindestens versechsfacht.