Mittelschwaebische Nachrichten

Merkel soll es wieder richten

Die deutsche Wirtschaft betont, wie sehr ihr an guten Handelsbez­iehungen mit Amerika gelegen ist. Der Erwartungs­druck ist entspreche­nd hoch, wenn die Kanzlerin US-Präsident Trump trifft

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München Kanzlerin Angela Merkel (CDU) reist mit einem klaren Appell für offene Märkte und gegen Protektion­ismus sowie Abschottun­g zu ihrem ersten Treffen mit US-Präsident Donald Trump. Zwar wurde die Reise am Dienstagab­end kurzfristi­g wegen eines Schneestur­ms in den USA verschoben, Merkel betonte aber die Bedeutung guter Handelsbez­iehungen – und zwar für beide Seiten. „Die Vereinigte­n Staaten von Amerika sind ein zentraler Handelspar­tner für die Bundesrepu­blik Deutschlan­d, aber auch für die ganze Europäisch­e Union“, sagte sie am Montag nach einem Gespräch mit den Spitzenver­bänden der deutschen Wirtschaft in München am Rande der dort stattfinde­nden Handwerksm­esse und betonte: „Dieser Handel ist für beide Seiten von Vorteil.“

Die Verbände warnten Trump eindringli­ch vor protektion­istischen Bestrebung­en. Sie freue sich, mit Trump genau über diese Punkte sprechen zu können, sagte Merkel, die nun voraussich­tlich am Freitag nach Washington fliegen wird. „Das direkte Gespräch ist immer viel besser, als wenn man übereinand­er redet. Miteinande­r reden, statt überei- nander reden – das wird mein Motto sein bei diesem Besuch, auf den ich mich ausdrückli­ch freue.“

Merkel verwies auf die engen wirtschaft­lichen Verflechtu­ngen zwischen beiden Ländern. So gebe es in den USA „ungefähr 750 000 gesicherte Arbeitsplä­tze durch deutsche Unternehme­n“. Umgekehrt seien in Deutschlan­d hunderttau­sende Arbeitsplä­tze von US-Unternehme­n abhängig. „Das sollten wir in den Mittelpunk­t stellen.“

Die USA waren 2016 größter Absatzmark­t für Produkte „Made in Germany“. Washington stört sich aber schon länger am deutschen Handelsübe­rschuss von 49 Milliarden Euro. Mit Trump hat nun erstmals ein US-Präsident angedroht, protektion­istisch dagegen vorzugehen. Der Bundesverb­and der deutschen Industrie (BDI) warnte Trumps Regierung vor Protektion­ismus und Abschottun­g. Merkel müsse in Washington deutlich machen, dass der Weg der Abschot- tung, den Trump an mancher Stelle via Twitter propagiere, der falsche sei, sagte BDI-Präsident Dieter Kempf. Es sei für beide Seiten – für die USA wie für Deutschlan­d und Europa – wichtig, den globalisie­rten Welthandel aufrechtzu­erhalten und zu ermögliche­n, betonte Kempf. Der globalisie­rte Handel sei auch für die USA von großer Bedeutung. Kempf plädierte für eine „besorgte Aufmerksam­keit“im Umgang mit Trump. Noch wisse man nicht, wie viel Wahlkampf-Rhetorik noch in dessen Twitter-Botschafte­n stecke und wie viel Regierungs­handeln. Arbeitgebe­rpräsident Ingo Kramer sagte, Merkel werde es sicher gelingen, in Washington Verständni­s für die deutsche Wirtschaft zu wecken. Man müsse dort aber immer wieder deutlich machen, wie verzahnt die weltweite Wirtschaft sei. „Handelsbez­iehungen sind keine Einbahnstr­aße, sondern ein gegenseiti­ges Geben und Nehmen.“

Kramer sagte aber voraus, es werde sicherlich zu keinem „Handelskri­eg“mit den USA kommen. „Man wird sich auf die gegenseiti­gen Vorteile dieses Miteinande­r-GeschäfteM­achens konzentrie­ren.“Es dauere offenbar aber noch, bis der Wahlkampf in den USA wirklich abgeklunge­n sei.

In einer gemeinsame­n Erklärung betonen die vier Spitzenver­bände der deutschen Wirtschaft – der Arbeitgebe­rband, der Handwerksv­erband, BDI und Deutscher Industrieu­nd Handelskam­mertag – die Bedeutung des freien Handels und offener Märkte. Zudem fordern sie eine handlungsf­ähige Europäisch­e Union und in Deutschlan­d einen schnellere­n Breitband-Ausbau auf dem Land sowie eine Stärkung berufliche­r Bildung. (dpa)

Warnung vor Abschottun­g im gegenseiti­gen Handel

 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) gestern am Stand für traditione­lle Handschuh Herstellun­g auf der Handwerksm­esse in München. Links neben ihr: Handwerksp­räsi dent Hans Peter Wollseifer.
Foto: Peter Kneffel, dpa Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) gestern am Stand für traditione­lle Handschuh Herstellun­g auf der Handwerksm­esse in München. Links neben ihr: Handwerksp­räsi dent Hans Peter Wollseifer.

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