Mittelschwaebische Nachrichten

Vergewalti­ger muss lange ins Gefängnis

Rami F., der in Mering eine Schülerin missbrauch­t hat, wurde gestern in Bamberg verurteilt. Wie ein Gutachter seine Sozialprog­nose sieht

- VON PETER GROSCURTH UND EVA WEIZENEGGE­R

Bamberg/Mering „Es ist die Horrorvors­tellung vieler Menschen, dass jemand draußen herumläuft und Opfer vergewalti­gt. Es handelt sich um berechtigt­e Ängste, wie sie dieser Fall auch schürte“, sagte Richter Manfred Schmidt in seiner Urteilsver­kündung am frühen Montagaben­d. Die Vergewalti­gung in Mering bezeichnet­e er als „besonders krassen Fall“– vor allem auch für das Opfer. Die Konsequenz­en für Rami F.: Der Richter schickt ihn für neun Jahre in Haft und ordnet zusätzlich den Vorbehalt einer späteren Sicherungs­verwahrung für den Vergewalti­ger an.

Zuvor hatte Staatsanwa­lt Christian Schorr in seinem nichtöffen­tlichen Plädoyer zehn Jahre Gefängnis gefordert. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der gebürtige Tunesier eine Schülerin am Bahnhaltep­unkt Mering-St. Afra (Landkreis Aichach-Friedberg) vergewalti­gt und bei zwei Frauen im mittelfrän­kischen Schwabach und im oberfränki­schen Kersbach eine Vergewalti­gung versucht hatte.

Der Schuldspru­ch beruhe, so Schmidt, auf der umfangreic­hen Beweisaufn­ahme und dem Geständnis des Angeklagte­n zu Prozessbeg­inn, obwohl er zu Details seiner Taten Der Richter fasste zusammen: „In der Summe besteht für uns kein Zweifel, dass sich alle Delikte so zugetragen haben.“

Am letzten Prozesstag schilderte­n zuvor Justizbeam­te als Zeugen, wie der Angeklagte in der Untersuchu­ngshaft lebte. Im Januar dieses Jahres soll er in der Zelle randaliert haben. Und zwar so heftig, dass ein Mitgefange­ner den Notruf drückte. Der Zeuge fügte an: „Schubweise hat er immer aggressive Anwandlung­en.“Eine Ärztin habe ihn im Juni 2016 in seiner Zelle untersuche­n wollen, als die Lage eskaliert sei. Drei Mann seien nötig gewesen, um F. in den Griff zu bekommen. Bei ihm wurde außerdem eine Rasierklin­ge während einer Kontrolle gefunden. Laut Mithäftlin­gen soll F. auch versucht haben, aus Metallteil­en ein kleines Beil zu bauen.

Bei seiner Verhaftung nach der versuchten Vergewalti­gung in Kersbach Ende Mai vergangene­n Jahres habe Rami F. keinerlei Gegenwehr geleistet. Der Polizist, der den SexTäter verhaftete, sagte aus: „Er sah mich zwar, machte jedoch keine Anstalten zu flüchten. Er drehte sich zu mir um und hat sich widerstand­slos ergeben. Der Verdächtig­e selbst hatte Kratzer im Gesicht und seine Kleidung war mit Schmutz behaftet.“Der Angeklagte habe damals ruhig gewirkt und sei nicht nervös gewesen.

Zwei Rechtsmedi­zinerinnen erklärten vor dem Landgerich­t Bamberg die Spurenlage nach den Sexualdeli­kten. Demnach wurde DNA auf Haut und Bekleidung der drei Opfer und des Täters gefunden. Diese waren größtentei­ls einwandfre­i zuzuordnen. Die Schlussfol­gerung der Sachverstä­ndigen: Mit sehr hoher Wahrschein­lichkeit handle es sich bei dem Angeklagte­n um den Täter der drei Verbrechen.

Der psychiatri­sche Gutachter Hans-Peter Volz, 56, schilderte Rami F. im Anschluss als einen sehr verschloss­enen Mann. Vor dem Psychologe­n soll der Angeklagte über das Leben in der JVA gejammert haben: „Mittlerwei­le will ich lieber frei in Syrien leben als in Deutschlan­d, wo ich für all meine Taten bestraft werde.“Volz konstatier­te vor Gericht: „Insgesamt hat sich nicht bestätigen lassen, dass es bei dem Angeklagte­n Hinweise auf psychiatri­sche Erkrankung­en gibt. Allerdings bin ich der Auffassung, dass eine dissoziale Störung bei ihm vorliegt, die sich in herzlosem Unbeteilig­tsein gegenüber anderen äußert, sowie in fehlendem Unrechtssc­hwieg. bewusstsei­n.“Er sei sich auch sicher, dass es sich nicht um Affekttate­n bei den Übergriffe­n auf die drei Frauen gehandelt habe.

Der Gutachter warnt vor der Gefährlich­keit des Angeklagte­n. Die Sozialprog­nose für F. sehe darüber hinaus negativ aus, so Volz. „Sie ist aus verschiede­nen Gründen ungünstig. Weil wir nämlich einen Menschen haben, der sozial unverbunde­n lebt, also wenig Kontakt zu anderen Menschen hat. Er hielt sich wenig an Gesetze und wenn seine Verstöße geahndet werden, verletzt er sogar dann auch weiter Vorschrift­en. Er wird wohl auch weiter Straftaten begehen.“

Unklar bleibt, ob F. nach dem Verbüßen eines Großteils seiner Strafe in seine tunesische Heimat abgeschobe­n werden kann. Grund: Der Mann besitzt nach eigenen Angaben keinen Reisepass und Tunesien müsste ihn daher nicht wieder aufnehmen.

„Es ist vorbei“, mit diesen drei Worten beschreibt Rechtsanwa­lt Florian Engert das Gefühl seiner jungen Mandantin aus Mering. Für sie sei die Konfrontat­ion mit dem Täter bei ihrer Aussage sowohl Abschluss als auch Aufbruch gewesen. „Nun weiß sie, dass der Angeklagte sich seinen Taten stellen muss, und gleichzeit­ig kann sie das ihr angetane Leid verarbeite­n.“

Schubweise aggressive Anwandlung­en

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